TTBL-Wintertransfers: Klasse statt Masse
Insgesamt vier Neuverpflichtungen tätigten die TTBL-Clubs in der zweiten Wechselperiode der Saison 2023/24. Wir präsentieren Euch, welche Vereine auf dem Transfermarkt aktiv waren und welche Spieler den Weg in die Tischtennis Bundesliga (TTBL) genommen haben.
Auch ohne Medienhype wie im internationalen Profi-Fußball bietet der Wintertransfermarkt in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) einige betrachtenswerte Aspekte. Scheinbar unter dem Motto „Klasse statt Masse“ fand bei den insgesamt vier Neuverpflichtungen der TTBL-Clubs für die Rückrunde sogar ein ehemaliger Weltmeister den Weg in die höchste deutsche Spielklasse zurück.
Über die entsprechende Strahlkraft und Qualität von Chuang Chih-Yuan hat sich bereits beim Startschuss in die zweite Saisonhälfte der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell freuen können. Passend zur gesteigerten Aufmerksamkeit für seine Person lieferte der frühere Top-Five-Star aus Taiwan bei seinem Debüt für die Osthessen gegen den TTC Schwalbe Bergneustadt auch prompt: Nach seinem verlorenen Einstandeinzel gegen Nationalspieler Benedikt Duda (0:3) sicherte der WM-Champion im Doppel von 2013 Fulda durch ein 3:2 gegen Romain Ruiz im Kampf um den Klassenerhalt den wichtigen 3:1-Gesamterfolg.
Für Chuang ist die TTBL allerdings auch alles andere als unbekanntes Terrain. Fulda ist für den 42 Jahre alten Routinier beim bereits sechsten Engagement in Deutschland die insgesamt vierte Station in der deutschen Eliteklasse. Bereits 2000 heuerte der Asiate bei den TTF Liebherr Ochsenhausen an.
Sein bis 2006 dauerndes Gastspiel bei den Oberschwaben wurde lediglich für die Saison 2001/02 durch das Gastspiel beim SV Plüderhausen unterbrochen. 2008 kehrte Chuang nochmals für zwei Jahre nach Ochsenhausen zurück. Ein Jahr vor seinem WM-Titelgewinn schloss sich der Rechtshänder dann für zwei Spielzeiten Werder Bremen an.
Seine Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen: Chuang gewann mit Ochsenhausen (2004) und Bremen (2013) die Meisterschaft und war zudem maßgeblich an Ochsenhausens Pokal-Hattrick von 2003 bis 2005 beteiligt.
Fulda setzte seinerseits durch Chuangs Verpflichtung eine kleine Tradition fort: Der neue Star ist nach der schwedischen Ikone Jan-Ove Waldner bereits der zweite mindestens einmal mit Weltmeister-Lorbeeren dekorierte Spieler im TTC-Trikot, und mit dem früheren Junioren-Weltmeister Patrick Baum hinzugerechnet sogar schon der dritte.
Bergneustadt und Bad Königshofen mit Verstärkungen
Die zweite Wechselperiode der Saison lenkte allerdings den Fokus außer auf neue Prominenz auch auf Kuriositäten. Dabei war das Sommer-Versäumnis des TSV Bad Königshofen bei der Verpflichtung von Jin Ueda durch die Ankunft des Japaners zur Rückrunde insgesamt ausgebügelt. Etwas komplizierter liegen die Dinge beim Wechsel von Khanak Jha vom TTC Zugbrücke Grenzau nach Bergneustadt: Weil die Sperre des US-Amerikaners nach drei verpassten Dopingkontrollen wegen Missachtung des Spielverbots bis zum kommenden März verlängert wurde, kann der ehemalige Top-20-Spieler bestenfalls in den letzten vier Punktspielen für die Oberbergischen am Tisch stehen.
Ueda hingegen hat seinen Tatendrang und seine Bedeutung für Bad Königshofen, das vor Saisonbeginn den Wechselantrag für den Routinier nicht rechtzeitig abgeschickt hatte, schon unter Beweis stellen können. Der 32-Jährige feierte beim 3:0 der Unterfranken gegen Bremen mit einem makellosen Dreisatzsieg gegen Kirill Gerassimenko einen idealen Einstand.
Ueda, der in der ersten Halbserie durch Einsätze für den österreichischen Erstligisten TTC Wiener Neustadt in der Champions League Spielpraxis sammelte, kann für Bad Königshofen auch aufgrund seiner Doppel-Qualitäten wichtig werden: Immerhin gewann der ehemalige Zweitliga-Spieler des TTC Hagen auf der ehemaligen World Tour vier Doppel-Titel. Nicht zuletzt verlängert Ueda die „Nippon-Ära“ bei seinem neuen Klub. Zuvor hatten aus dem Land der aufgehenden Sonne in Bad Königshofen auch schon Mizuki Oikawa, Koji Itagaki und Yukiya Uda aufgeschlagen.
Züge einer Posse hatte Jhas Transfer nach Bergneustadt. Nachdem der WM-Fünfte von 2021 während seiner Sperre zum ursprünglichen Ablauf seines Spielverbots am 1. Dezember zu seinem früheren Klub nach Grenzau zurückkehren wollte, zerschlug sich der Plan wegen der Unsicherheiten um die Dauer von Jhas Spielsperre. Bergneustadt ging das Risiko ein, muss aber nun noch mehr als die Hälfte aller Rückrunden-Begegnungen ohne seinen designierten Topspieler bestreiten.
Die Westdeutschen hatten zur Entlastung ihres nur dreiköpfigen Minikaders vorgesorgt: Vom benachbarten Zweitligisten 1. FC Köln nahm der Klub den indischen Amateurspieler Manush Utpalbhai Shah unter Vertrag. In seinem ersten Halbjahr in Deutschland bei den „Geißböcken“ war der 23-Jährige, der in der Weltrangliste Mitte Januar auf Position 162 geführt wurde, noch ohne Einsatz geblieben.
Florian Manzke