Tschüss, Timo – (Teil 2 mit Bastian Steger): „Timo zu erleben, war für jeden eine Bereicherung“

Tschüss, Timo – (Teil 2 mit Bastian Steger):  „Timo zu erleben, war für jeden eine Bereicherung“

Deutschlands Topstar Timo Boll hat mit Borussia Düsseldorf seine angekündigte Abschiedstour durch die Tischtennis Bundesliga (TTBL) begonnen. An dieser Stelle formulieren ab sofort in monatlichen Abständen wichtige Wegbegleiter des erfolgreichsten Spielers in der Bundesliga-Geschichte ihre Gedanken über Timo Boll und seine unvergleichliche Laufbahn. Im zweiten Teil unserer Serie „Tschüss, Timo“ kommt der deutsche Ex-Meister Bastian Steger, der in der Nationalmannschaft mit Boll mehrere Titel und zahlreiche weitere Medaillen gewonnen hat, zu Wort.

„Timo und mich verbinden schon unsere Geburtstage im selben Monat desselben Jahres, er ist nicht einmal zwei Wochen älter als ich. Dadurch sind wir uns auch schon recht früh zum ersten Mal begegnet, das war bei einem der Sichtungslehrgänge des DTTB. Damals waren wir neun Jahre alt. Alle fanden wir dieses Kräftemessen der besten Gleichaltrigen aus allen Landesverbänden sehr spannend. Im Rückblick war es eine lustige Form, ein erster Schritt, aber wie der Weg weiter gehen würde, wusste man damals nicht.

Ich habe aber damals selbst in diesem jungen Alter gemerkt, dass Timo sich schneller weiterentwickelte von Lehrgang zu Lehrgang als alle anderen. Am Anfang aber hatte ich Timo noch in Schach gehalten: Ich erinnere mich, dass ich bei einem der frühen Lehrgänge in Tailfingen in den täglichen Ranglisten immer oben und vor ihm gestanden hatte – das sah aber beim nächsten Lehrgang schon ganz anders aus…..

Zeichen großer menschlicher Qualität

In den ganzen Jahren seitdem habe ich Timo immer sehr umgänglich und anständig erlebt. Es gab nie Probleme durch ihn, mit ihm in Konflikt zu kommen, ist ja auch generell sehr schwierig, denn er ist stets ruhig und besonnen. Durch seine Bodenständigkeit ist er sich selbst auch immer treu geblieben und hat sich praktisch nie verändert. Das finde ich richtig gut und ist für mich ein Zeichen großer menschlicher Qualität.

Über Timos Qualitäten am Tisch muss man ja eigentlich überhaupt nichts mehr sagen. Dadurch sind meine Erinnerungen an unsere Spiele gegeneinander auch nicht allzu gut, aber es geht ja den meisten anderen auch so.

Mit ihm zu spielen, ist immer deutlich entspannter gewesen. Gerne erinnere ich mich natürlich an die Mannschaftsturniere bei den Olympischen Spielen 2012 in London und 2016 in Rio, bei denen wir ja mehrere Male zusammen Doppel gespielt und auch beide Male eine Medaille gewonnen haben. Aber außer an diese zwei Highlights denke ich auch immer wieder an die EM-Titel und WM-Medaillen für unsere Mannschaft mit Timo zurück.

Mit diesen Erinnerungen im Hinterkopf kann ich es mir auch als sehr interessant vorstellen, wenn Timo und ich auch einmal in einer Vereinsmannschaft zusammengespielt hätten. Ich bin ja von Borussia Düsseldorf nach Frickenhausen gewechselt, kurz bevor Timo nach Düsseldorf gekommen ist. Ich denke, es hätte uns beiden in einem Verein bestimmt auch viel Spaß gemacht.

Zugpferd für die TTBL und Tischtennis in Deutschland

Was Timo aber seitdem in Düsseldorf und auch vorher schon in Gönnern über fast 30 Jahre alleine nur in der Bundesliga geleistet hat, kann man nur als einmalig bezeichnen. Über so lange Zeit auf so hohem Niveau zu spielen, ist unglaublich und wird kaum zu wiederholen sein.

Dadurch ist Timo aber auch für Gönnern, aber dann auch besonders für Düsseldorf, für die Bundesliga und für Deutschland zu einem Zugpferd geworden. Es ist eine Aufwertung für alle, aber vor allem auch für die TTBL, dass er als treue Seele immer in der Bundesliga gespielt hat, was auch für die Nationalmannschaft gilt.

Umso mehr aber wird Timo im nächsten Sommer, wenn er endgültig auch in der Bundesliga aufhört, eine sehr große Lücke hinterlassen. Einer wie Timo ist nur sehr schwer zu ersetzen, eigentlich überhaupt nicht. Denn es war für jeden, ob in Verein und Mannschaft oder auch für Zuschauer und Fans, eine Bereicherung, Timo zu erleben. Dass sich nicht alle mit seinen Erfolgen verbundenen Hoffnungen auf einen Aufschwung für unseren Sport erfüllt haben, liegt mit Sicherheit nicht an Timo – er hat in den ganzen Jahren immer geliefert.

Deswegen hat er sich auch einen Namen gemacht, den alle in Deutschland wenigstens schon einmal gehört haben. Das muss man erst einmal schaffen.

Zu seinen Verdiensten gehört aber auch die Professionalisierung unseres Sports auch in den Vereinen aus der TTBL. Natürlich gab es eine allgemeine Entwicklung in diesem Bereich, aber ein großer Teil davon hat nur durch Timo stattfinden können: Erst durch einen so erfolgreichen Sportler in Verein und Liga sind die Möglichkeiten für mehr Professionalität ja erst gegeben. Diese Fortschritte gehören sicherlich auch zu Timos Erbe für das deutsche Tischtennis.“


Aufgezeichnet von Florian Manzke