Tschüss, Timo – (Teil 1 mit Jörg Roßkopf): „Timos wahre Leistung ist die unfassbare Konstanz“

Tschüss, Timo – (Teil 1 mit Jörg Roßkopf):  „Timos wahre Leistung ist die unfassbare Konstanz“

Deutschlands Topstar Timo Boll hat mit Borussia Düsseldorf seine angekündigte Abschiedstour durch die Tischtennis Bundesliga (TTBL) begonnen. An dieser Stelle formulieren ab sofort in monatlichen Abständen wichtige Wegbegleiter des erfolgreichsten Spielers in der Bundesliga-Geschichte ihre Gedanken über Timo Boll und seine unvergleichliche Laufbahn. Im ersten Teil unserer Serie „Tschüss, Timo“ lassen wir den Bundestrainer, früheren Doppel-Weltmeister und einstigen Boll-Mitspieler Jörg Roßkopf zu Wort kommen.

„Ich habe Timo Boll nicht im Laufe seiner ganzen großartigen Karriere, aber doch die meiste Zeit und auch sehr nahe begleitet. Wenn man diese vielen Jahre mit all ihren Facetten zusammenfassen will, ist es sicher alles andere als übertrieben zu sagen, dass Timo eine Ära geprägt hat. Und mir hat es immer Spaß mit ihm gemacht – erst als Mitspieler und auch sozusagen als Mentor beim TTV Gönnern und in der Nationalmannschaft, später und bis zuletzt noch als Bundestrainer.

Timo in der Bundesliga hieß ja zunächst Gönnern und hieß auch damals schon Erfolg, immerhin gelangen uns zwei Pokalsiege und vor allem zwei Champions-League-Erfolge. Dass sein Weg jedoch irgendwann und dann auch tatsächlich 2007 zu Borussia Düsseldorf führen würde, war eigentlich von Anfang an klar.

Für Timo und Düsseldorf war es ein perfekter Deal. Der Verein feierte so viel Titel wie nie zuvor (auch wenn wir zu meiner Düsseldorfer Zeit auch schon oft erfolgreich waren), Timo bekam in jeder Hinsicht sicherlich einmalige und seiner Ausnahmestellung auch angemessene Rahmenbedingungen für die internationalen Herausforderungen seiner großartigen Karriere geboten. Auch weil beide noch in ihren 18 gemeinsamen Jahren immer interessanter für Sponsoren geworden sind, kann man wohl nur von einer Win-Win-Situation sprechen.

Beeindruckende Bilanz in der Bundesliga

In der Bundeliga hat Timo mich - abgesehen von seinen Erfolgen – besonders durch einen Aspekt beeindruckt: Timo hat so viele Jahre immer mit einer schier unglaublichen Konstanz auf einem extrem guten, ja überragenden Niveau gespielt. Im Alter zwischen 15 und gut 40 Jahren, also immerhin 25 Jahre, erreichte er dabei eine so unfassbar gute Bilanz, wie es vor ihm niemand geschafft hat und es wohl auch nach ihm niemand mehr schaffen wird. Seine vielen anderen, inzwischen ja auch kaum noch zählbaren Rekorde können auch kaum noch gebrochen werden, das kann eigentlich nicht passieren.

Die wahre Leistung besteht dabei außer in den Ergebnissen noch viel mehr in der unfassbaren Konstanz. Bei internationalen Aufgaben für Spieler wie von Timos Qualität ist die Bundesliga irgendwann reines Alltagsgeschäft, und doch hat Timo es durch sein unglaublich hohes Grundniveau immer sehr gut hinbekommen, auch mal mit nur 80 Prozent zu liefern.

Win-Win-Situation für TTBL und Timo

Auch dadurch hat die TTBL andersherum auch sehr von und durch Timo profitiert, eigentlich kann die Liga Timo gar nicht genug danken, dass er als Top-10-Spieler die ganzen Jahre in der TTBL geblieben ist. Wo Timo geregeltes Training, einen regelmäßigen Spielbetrieb hatte und durch seine Wettkämpfe Selbstvertrauen für international Turniere sammeln konnte, da lebte die Liga auch von einem Spieler wie Timo und gewann an Ansehen, obwohl einige andere Spitzenspieler wegen der Terminzwänge längst abgewandert waren. Aber Timo war auch nie der Typ Spieler, der für etwas mehr Geld bei weniger Wettkämpfen ins Ausland gewechselt wäre. Das war, soweit ich es weiß, für Timo nie ein Thema.

Abschiedstournee hat begonnen

Nun hat für Timo nach dem Ende seiner internationalen Karriere bei den Olympischen Spielen in Paris, wohin es in seiner Situation - wenn überhaupt - nur die Wenigsten geschafft hätten, seine Abschiedstour durch die Hallen der TTBL-Vereine begonnen. Jeder einzelne Klub kann sich dabei glücklich schätzen, wenn Timo dort noch einmal vor und für die einheimischen Fans spielen möchte.

An der Stelle meines Düsseldorfer Trainer-Kollegen Danny Heister würde ich meinen Spielern ganz oft Ansagen machen, sich den Hintern aufzureißen und alles dafür zu tun, dass die Borussia trotz dieses Mal noch stärkerer Konkurrenz wieder in die Play-off-Runde kommt. Aber in Düsseldorf ist wohl sicher sowieso jedem bewusst: Für Timo wäre ein Abgang von der großen Bühne entweder wenigstens in einem Halbfinale in Düsseldorf oder noch besser im TTBL-Finale in Frankfurt wichtig, es wäre auch der gebührende und angemessene Rahmen. Auch wenn für ihn mit solch emotionalen Momenten schwer umzugehen ist, wie man ja auch schon Paris sehen konnte, wäre das für Timo ein super Abschluss.“


Aufgezeichnet von Florian Manzke