Tischtennis Bundesliga trauert um Hans Wilhelm Gäb

Tischtennis Bundesliga trauert um Hans Wilhelm Gäb

Der deutsche Sport und vor allem das Tischtennis tragen Trauer: Hans Wilhelm Gäb, einer der profiliertesten und prägendsten Gestalter der deutschen Sportgeschichte, ist - wie am Karfreitag bekannt wurde - am Palmsonntag im Alter von 89 Jahren gestorben.

„Hans Wilhelm Gäb hat über viele Jahrzehnte in herausragender Weise den Tischtennissport geprägt und maßgeblich zu dessen Weiterentwicklung beigetragen. Wir verlieren mit ihm eine große Persönlichkeit des deutschen Sports. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie und allen Angehörigen“, so Nico Stehle, Geschäftsführer der Tischtennis Bundesliga GmbH.

Dem Sport in Deutschland fehlt ohne sein "moralisches Gewissen", als das der Ehrenvorsitzende des Sporthilfe-Aufsichtsrates und Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) galt, nun ein Kompass auch in ethischen Fragen. Immer erhob Gäb seine Stimme für die Aktiven, als deren Diener sich der frühere Tischtennis-Nationalspieler stets verstand.

"Hans Wilhelm Gäbs Tod ist für den deutschen Sport und als Mensch ein großer Verlust", sagte Präsident Thomas Weikert vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) "tief betroffen". Seinen "wichtigen Ratgeber und Mentor" bezeichnete Weikert auch als "Ikone des Sports".

Solche Titulierungen indes hatte Gäb stets als völlig überzogen zurückgewiesen. Seiner Bescheidenheit zum Trotz können Gäbs Ansichten in einer von Kommerz, Doping und Korruption erschütterten Sportwelt über seinen Tod hinaus als Leuchttürme wirken. "Der Sport", führte Gäb einmal aus, "darf sich nicht abhängig machen oder fühlen - nicht von der Industrie, nicht vom Staat und nicht von Geldgebern."

Bei dem scharfsinnigen und herzlich-humorvollen Wirtschaftskapitän, in den 80ern als Vizepräsident Europa des US-Automobilriesen General Motors und im Opel-Aufsichtsrat ein Pionier des modernen Sportsponsorings, klangen Bekenntnisse zum Leistungsgedanken ebenso glaubhaft wie Plädoyers für Breitensport und Ehrenamt. Für den im Taunus lebenden Düsseldorfer war Sport mehr als nur Profi-Business oder Quotengarant. Triebfeder seines konsequenten Einsatzes auch für hohe moralische Werte war für "HWG" vielmehr ein tiefes Verständnis von Sport als gesellschaftspolitischer Faktor. "Der Sport in seiner Gesamtheit ist eine politische und moralische Macht. Beinahe 30 Millionen Mitglieder in 80.000 Vereinen sind wichtiger als 100.000 Zuschauer am Nürburgring", meinte Gäb.

Entsprechend setzte er sich auch leidenschaftlich für Respekt und Fairplay ein: "Wer den Kampf dafür aufgibt, wird zum Totengräber des Sports. Mit der Tolerierung auch schon taktischer Fouls beginnt die Untergrabung sportlicher Prinzipien. Die Wertung von Niederlagen als Pleiten oder Blamagen pervertiert die Idee des sportlichen Wettkampfes. Für die Idee des Sports bedeutet ein anständiger Verlierer mehr als ein stolzer Sieger."

Ein Vorbild an Aufrichtigkeit, Tat- und Entschlusskraft sowie für Visionen wäre Gäb in den 90er-Jahren gewiss auch nach seiner als sicher angesehenen Wahl zum Präsidenten des damaligen Nationalen Olympischen Komitees gewesen. Eine lebensbedrohliche Viruserkrankung durchkreuzte diesen Plan. Erst nach jahrelanger Wartezeit rettete eine Lebertransplantation sein Leben. "Ich habe nur noch dankbar zu sein", sagte Gäb seitdem oft und widmete "mein zweites Leben" zu großen Teilen seinen beiden aus Dankbarkeit gegründeten Organspende-Hilfsorganisationen - die auch ein Grund für seine Ehrung mit dem Großen Bundesverdienstkreuz waren.

Bis zuletzt blieb Gäb auch dem Tischtennis verbunden. Ob beim DTTB, den der frühere Doppelmeister ab 1981 bis zu seiner Erkrankung ebenso wie kurzzeitig den Europa-Verband ETTU führte, ob bei seinem Stammverein Borussia Düsseldorf oder für Idol Timo Boll als "Freund und väterlicher Berater" - der Rat des "größten Tischtennis-Fans aller Zeiten" (Ex-Vizeweltmeister Eberhard Schöler) war jederzeit sehr geschätzt.

In der Tischtennis-Szene löste Gäbs Tod "tiefe Traurigkeit" aus, wie der DTTB-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Dörner mitteilte: "Wir verneigen uns vor seinem Lebenswerk." Bundestrainer Jörg Roßkopf erinnerte an Weichenstellungen für seine Erfolge als Spieler durch Gäbs Modernisierungskurs: "Ich verliere einen Freund. Ohne Hans wären Steffen Fetzner und ich 1989 nicht Doppel-Weltmeister geworden und hätte Timo Boll nicht die Nummer eins der Welt werden können. Wir verlieren den Mitbegründer des professionellen Tischtennis in Deutschland."