Sportchef Tomasz Kasica (Mainz 05): "Sind so gut wie schon lange kein Newcomer mehr gewesen"
Der FSV Mainz 05 profitiert vom Verzicht aller Aufstiegsanwärter und des TTC Neu-Ulm auf eine Lizenz für die kommende Saison in der Tischtennis Bundesliga und hält auch als Schlusslicht die Klasse. Im Interview bilanziert FSV-Sportchef Tomasz Kasica die Premierensaison der Mainzer in der TTBL, nimmt zu den Personalplanungen seines Klubs Stellung - und offenbart auch einen persönlichen Wunsch für die neue Saison.
Tomasz Kasica, Gratulation zum Klassenerhalt mit dem FSV Mainz 05 in der Tischtennis Bundesliga und eine weitere TTBL-Saison. Trifft die alte Weisheit "unverhofft kommt oft" auf die neue Situation zu?
Natürlich kommt unverhofft oft, aber tatsächlich muss ja seit mehreren Jahren immer geschaut werden, ob jemand aus der zweiten Liga hoch möchte. Um ehrlich zu sein, waren wir im ersten Moment sehr froh darüber, dass niemand hoch wollte, aber schon gleich darauf war uns im zweiten Moment auch sehr klar, dass wir mit vier Siegen so gut gewesen sind wie schon lange kein Newcomer mehr. Außerdem wollen wir auch versuchen, von unseren vier letzten Spielen so viele wie möglich zu gewinnen. Aber auch wenn die neue Situation nicht schlecht für uns ist, bedauern wir, dass der TTC Neu-Ulm rausgeht und wir in der neuen Saison nur noch eine Liga mit elf statt zwölf Mannschaften sein werden.
Wie waren die Reaktionen in Ihrem Verein bei Bekanntgabe der für Mainz guten Nachrichten?
Ohne Frage war unser Klassenerhalt auch auf diese Weise eine gute Nachricht, aber unabhängig davon wird es dennoch noch konzeptionelle Gespräche mit dem Fußball geben, in welche Richtung unser Projekt weitergeführt werden soll. Das ist uns auch sehr wichtig, weil uns der Fußball finanziell unterstützt, aber auch mit Rat und Tat immer zur Seite steht.
Wie haben Sie die Entwicklung der vergangenen Wochen in der Lizenzfrage verfolgt?
Wir hatten natürlich zu Beginn Konzeptionen sowohl für die zweite Liga als auch die TTBL. Aber wir wussten auch im Vorfeld, dass der TTC OE Bad Hamburg wahrscheinlich auf den Aufstieg verzichten würde, weshalb unser Fokus auch vorwiegend schon auf eine weitere Saison in der TTBL gerichtet war. Das hatte sich in der Szene bereits im vergangenen Dezember das erste Mal angedeutet. Dass um Neu-Ulm ein Problem enstanden ist und es sich so gefügt hat, dass sie rausgegangen sind, kam uns außerdem entgegen. Denn dadurch ist unser Ziel, sportlich in der Liga zu bleiben, erreicht. Jetzt wollen wir noch so viele Punkte wie möglich holen, damit wir noch die Zehn-Punkte-Marke erreichen.
Der frühe Klassenerhalt ermöglicht zumindest schon eine grundsätzliche Bilanz. Wie fällt Ihr Fazit für die erste Saison im Oberhaus aus?
Wir sind mit vier Siegen sehr zufrieden, freuen uns aber auch darüber, dass sich die Jungs hinter Yuto Muramatsu weiterentwickelt haben und noch weiter entwickeln. Das sieht man daran, dass sie nun auch in der Lage sind, Spiele zu gewinnen. Auch deswegen ist unser jüngster Sieg gegen den Post SV Mühlhausen besonders hervorzuheben, auch wenn Mühlhausen teilweise vom Spiel gegen Borussia Düsseldorf am Tag vorher einen Tick müde war. Das kann unsere Mannschaftsleistung allerdings nichz schmälern, weil alle meine Spieler einen Punkt beigesteuert haben. Das war eines der schönsten Gefühle in der ganzen Saison überhaupt, zumal gegen einen Champions-League-Halbfinalisten und Play-off-Kandidaten. Grundsätzlich also fällt das Fazit positiv aus, aber wir wollen bis zum Saisonende zeigen, wieso wir in die TTBL gehören.
Welche Lehren waren für Ihre Mannschaft im Premierenjahr am wertvollsten?
Wir können sehr, sehr viele Lehren ziehen. Dazu gehören das komplett andere Spielsystem, die Vor- und Nachbereitung ist durch die im Gegensatz zur zweiten Liga weitgehend freien Aufstellungen deutlich anspruchsvoller, das ist ohne Erfahrung schwierig.
Was können Ihre Spieler noch aus der ausklingenden Saison mitnehmen?
Die Spieler haben sich alle auch als Persönlichkeiten weiterentwickelt. Sie haben sich auch taktisch verbessert, man kann das in den Spielen gut sehen und auch, wie wichtig die Videoanalyse ist, denn damit haben die Spieler sehr intensiv gearbeitet. Insgesamt hat sich unser aller Horizont erweitert, und das können wir auf jeden Fall mitnehmen.
Yuto Muramatsu hat Mainz durch seine überraschend starken Auftritte lange auf den Klassenerhalt aus eigener Kraft hoffen lassen. Zur neuen Saison wechselt Ihr Topspieler allerdings zum 1. FC Saarbrücken-TT und hinterlässt bei Ihnen eine große Lücke. Müssen sich Ihre Fans ohne Muramatsu auf einer weitere Saison im Abstiegskampf einstellen?
Wir werden nicht von unserer Konzeption abweichen, und deswegen werden wir auch weiter auf jüngere Spieler setzen, die wir weiterentwickeln wollen. Selbst Yuto hat sich ja innerhalb der Saison noch weiterentwickelt, nachdem er anfangs vielleicht noch ein wenig gehemmt war, bis er gemerkt hat, dass er von uns keinen Druck bekommt und wir stattdessen versuchen, ihn innerhalb unserer Vereinsstruktur besser zu machen, was überhaupt für alle unsere Spieler gilt. Yuto wird sicherlich eine große Lücke hinterlassen, aber genau deswegen wird unsere Aufgabe sein, unsere Spieler wieder ein Stück weiterzuentwickeln und ihnen die dazugehörige Plattform zu bieten.
Aufgrund der geklärten Verhältnisse können Sie immerhin auch früher konkrete Personalplanungen aufnehmen. Wie ist der momentane Stand der Dinge?
Momentan kann ich zu unseren Planungen noch nicht viel sagen - außer dass sie im Großen und Ganzen abgeschlossen sind und unser Hauptstamm praktisch feststeht. Wir müssen noch abwarten, ob wir uns vielleicht noch punktuell verstärken und anpassen wollen. Aber vorher wollen wir mit den Fußballern über die Langfristigkeit des Projekts sprechen, das sind wir ihnen schuldig und ist für uns auch sehr wichtig. Aber man sieht ja, dass wir sportlich zwar auf dem letzten Platz stehen, aber trotzdem schon sehr, sehr nahe an den anderen Mannschaften dran sind.
Bietet Ihnen der Markt noch ausreichend Möglichkeiten für die punktuellen Veränderungen am Gesicht Ihres Teams?
Der Markt ist immer spannend, deswegen wird es da bis zum Schluss Optionen geben. Persönlich wäre mir wichtig, dass wir noch einen Trainer gewinnen, denn die Arbeit mit der Mannschaft hat mir zwar großen Spaß gemacht, aber ich bin in Personalunion auch als Sportlicher Leiter oder Manager tätig, und mir ist wichtig, dass diese Rollen getrennt werden, damit ich mich künftig neben der Unterstützung für die Mannschaft auf andere Aufgaben fokussieren kann oder andersherum selbst entlastet werde.
Die Profi-Fußballer Ihres Vereins sind auch für die gute Atmosphäre bei den Heimspielen durch die Mainzer Fans bekannt. Wie bewerten Sie rückblickend die Unterstützung Ihres Anhangs?
Dass schon einige aktive oder frühere Spieler und sogar auch unser Präsident Stefan Hofmann bei unseren Heimspielen in der Halle gewesen sind, zeigt ja, dass unser Projekt sehr gut angenommen wird. Die Tendenz unseres Zuschauerschnitts ist auch steigend, und wir haben uns auch schon einen Namen in der Bundesliga gemacht. Wir freuen uns aber weiterhin über jeden Zuschauer und hoffen, dass wir die Fans weiter begeistern können.