Ricardo Walther (ASV Grünwettersbach): "Wir müssen noch den einen oder anderen Punkt holen"
Ricardo Walther ist beim ASV Grünwetterbach für den Abstiegskampf in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) binnen weniger Monate vom "Sorgenkind" zum Erfolgsgaranten avanciert. Im Interview spricht der Mannschafts-Vizeweltmeister über seinen Erfolgsserie von elf Siegen und die Chancen seines Teams im Rennen über den Klassenerhalt.
Ricardo Walther, haben Sie noch Erinnerungen an den 26. November vergangenen Jahres?
Ja, tatsächlich erinnere ich mich an diesen Tag, weil ich da in unserem Spiel beim Post SV Mühlhausen gegen Ovidiu Ionescu verloren habe. Nachdem ich vom Feeder-Turnier in Düsseldorf gekommen war, habe ich an dem Tag sehr schlecht performed und bin sehr unzufrieden mit meiner Leistung gewesen, die eine meiner schlechtesten in der TTBL seit langer Zeit war. Ich bin damals überhaupt nicht ins Spiel gekommen und habe mich auch überhaupt nicht gut gefühlt.
Die Spielerei bei der Frage nach dem Datum drängte sich ein wenig auf, weil Sie seit diesem Tag Ihre sämtlichen elf Einzel in der TTBL gewonnen haben und damit zum Spieler der Stunde oder besser: Winter-Champion avanciert sind. Was sind die Gründe für Ihre Erfolgsserie?
Ob man mich nun Winter-Champion nennen möchte oder anders, bedeutet mir nichts. Ich freue mich über meine Serie, denn elf Siege nacheinander sind eine tolle Sache, die ich vorher auch noch nicht gehabt habe. Ich glaube, dass Selbstvertrauen dafür eine wichtige Rolle spielt. Nach der Niederlage gegen Ionescu habe ich auch weiter an mich geglaubt, denn ich weiß ja schon, wie gut ich spielen kann, und deswegen habe ich immer weiter an mich geglaubt und im Training weiter an mir gearbeitet. Im Dezember habe ich dann in der TTBL auch wieder besser gespielt und zwei Spiele durch Kampf gewonnen. Das hat gut getan und war zusammen mit dem Glauben an mich selbst wohl die Grundlage für diese schöne Serie, wobei natürlich für mich bei unseren Heimspielen auch sehr wichtig war, dass unsere Fans gerade in der schwierigen Zeit hinter mir gestanden haben und mich nach vorne gepusht haben.
Ihr Lauf steht in krassem Gegensatz zu Ihren Ergebnissen in der ersten Saisonphase mit nur einem Erfolg in sechs Begegnungen und der trotz Silber mäßigen Mannschafts-WM. Was hat den Trendwechsel bewirkt?
Solch eine Bilanz zum Auftakt verzerrt oft die Realität, deswegen würde ich das auch gar nicht als krass bezeichnen. Wir haben nun einmal eine unglaublich ausgeglichene Liga mit zwei absoluten Topmannschaften und dahinter zehn Mannschaften auf einem gleichen Niveau, und dass der momentan erfolgreichste Spieler der Liga vom Tabellenletzten kommt, ist ja auch nicht der Normalfall. Deswegen ist auch, anders als viele glauben, nicht normal, gegen Mannschaften von hinteren Plätzen garantiert zu gewinnen. Man sieht außerdem viele Newcomer, die man nicht so auf dem Zettel hatte und sehr gut spielen, gegen die man deshalb auch mal verlieren kann. Ich habe am ersten Spieltag gegen Dimitrij Ovtcharov nach 2:0 und 5:1 noch verloren, aber so ein verlorenes Wahnsinnsspiel kann dann aber auch erst einmal richtungsweisend sein. Dann stand ich dann auch bald bei 1:5, aber trotzdem habe ich nicht an mir gezweifelt, weil ich weiß, dass es in der Regel nur auf Kleinigkeiten ankommt. Da ist Mentalität natürlich auch immer ein Thema, und ich weiß, dass ich mich gut aus solchen Phasen herauskämpfen kann. Bei 1:5 habe ich mich nicht verrrückt gemacht, weil solche Negativläufe vielen Spielern passieren. Geholfen hat mir auch das WM-Silber, das war ein Riesenerfolg und für mich der größte Erfolg überhaupt, was langfristig auch das Selbstvertrauen stärkt und erst mit etwas Verzögerung und nicht direkt nach der Medaille hilft.
Von Ihren Erfolgen profitiert auch Ihr Klub ASV Grünwettersbach. Auch durch die Verlängerung Ihrer Siegesserie gelang Ihrem Team vor der Karnevals-Woche durch das 3:1 gegen den TSV Bad Königshofen ein „Big point“ im Kampf um den Klassenerhalt. Halten Sie Ihre Mannschaft trotz des ambitionierten Restprogramms bereits für gerettet?
Gerettet ist man endgültig erst, wenn es auch rechnerisch geschafft ist - und das ist noch nicht der Fall. Man weiß ja auch nicht, ob am Ende ein oder zwei Aufsteiger hochkommen. Aber wir können auch in unseren restlichen Spielen gegen starke Mannschaften unsere Chancen suchen, denn immerhin hat der TTC Zugbrücke Grenzau in dieser Saison beide Spiele gegen Borussia Düsseldorf und einmal gegen den 1. FC Saarbrücken-TT gewonnen. Man muss immer abwarten, in welcher Besetzung und in welcher Verfassung die Topteams sind. An einem guten Tag kann man jede Mannschaft knacken. Uns ist dabei auf jeden Fall bewusst, dass wir noch den einen oder anderen Punkt holen müssen, weil noch einiges passieren kann und wird. Ausruhen können wir uns auf unseren bisherigen Punkten jedenfalls noch nicht und sollten besser die 20-Punkte-Marke anpeilen.
Wenn man den Saisonverlauf Ihres Vereins genauer betrachtet, fällt das Leistungsgefälle zwischen Heim- und Auswärtsspielen auf. Zuhause ist Grünwettersbach mit zuletzt drei Siegen in Serie und insgesamt sieben Erfolgen in neun Begegnungen durchaus als eine Macht zu bezeichnen, in fremden Hallen aber steht erst ein Sieg aus acht Gastspielen zu Buche. Woher kommen diese zwei Gesichter Ihrer Mannschaft?
Zuhause ist Grünwettersbach wirklich eine Macht, und das schon seit einiger Zeit. Zuhause haben wir unsere Fans, die uns unglaublich pushen und die Halle zu einem Hexenkessel machen, wir kennen die Bedingungen, sind an alles gewöhnt. Das sind absolut echte Heimspiele, in denen es für jeden Gegner schwer ist bei uns. Auswärts ist es natürlich umgekehrt: Ohne Fans im Rücken sind wir auf uns alleine gestellt, müssen uns selber pushen und mit ungewohnten Bedingungen klarkommen. Dazu konnten wir durch Verletzungen wie bei Wang Xi oder Tiago Apolonia auswärts nicht immer in Bestbesetzung antreten, und es gab das eine oder andere Formtief. Der wichtigste Unterschied sind aber wirklich die Spielbedingungen am Tisch, weil sich das Absprungverhalten des Balles erheblich verändert. Ingesamt glaube ich deswegen zwar, dass Heimspiele nicht nur für uns ein Vorteil sind, aber trotzdem müssen wir uns anders da herausziehen, uns anders vorbereiten, nochmal zusätzlich mehr pushen und als Mannschaft noch mehr als Einheit auftreten. Schließlich ist nicht unser Anspruch, in der Auswärtstabelle Letzter zu sein.
Das beginnende Frühjahr bringt traditionell das Spielkarussell auf Hochtouren. Welche Strategie verfolgt Ihr Team bei den Personalplanungen für die kommende Saison?
Alle unseren Spieler haben noch Vertrag, und es hat auch niemand aus unserer Mannschaft um eine vorzeitige Vertragsauflösung nach Saisonschluss gebeten. Deswegen wird unser Kader zur neuen Saison genauso aussehen wie in der laufenden Spielzeit. Ob man die Mannschaft noch mit einem fünften Spieler ergänzen möchte, muss der Verein entscheiden. Grundsätzlich ist ja nach der Verpflichtung von Tiago Apolonia auch der Plan gewesen, dass dieser Kern der Mannschaft zusammenbleiben soll, so lange alle fit und auf TTBL-Niveau mithalten können.