Olympische Spiele: Europameister Dang Qiu verpasst den Einzug in das Achtelfinale knapp
Dang Qiu hat bei seinen ersten Olympischen Spielen den Einzug in das Achtelfinale knapp verpasst. Der Europameister verlor gegen seinen kasachischen Angstgegner Kirill Gerassimenko einen Zweitrundenkrimi über sieben Sätze, in dem der Düsseldorfer bereits den Sieg vor Augen hatte. Am heutigen Dienstag visieren ein weiterer Deutscher den Einzug in die Runde der besten 16 an: Der olympische Rekordmedaillengewinner Dimitrij Ovtcharov trifft um 10 Uhr auf den Brasilianer Vitor Ishiy.
Dang Qiu nutzt stark herausgespielte Führung nicht
Als Dang Qiu im dritten Durchgang des Duells mit dem Kasachen Kirill Gerassimenko seinen vierten Satzball zur 2:1-Führung nutzte und diese fast wie einen Sieg bejubelte, wusste auch der letzte der 6.400 Zuschauer in der ausverkauften South Paris Arena 4, welche Bedeutung dieser Satzgewinn für den Deutschen hatte. Allein, am Ende war die nach 10:7 und drei verspielten Satzbällen erkämpfte Führung sowie der anschließende Gewinn des Folgesatzes in einem hochklassigen Match auf Weltklasseniveau nicht ausreichend: Der 27-Jährige, der den gleichaltrigen Kasachen bislang nur einmal im September 2022 hatte bezwingen können, zog im sechsten Duell mit dem seit fünf Jahren für Werder Bremen in der Bundesliga spielenden Weltranglisten-46. zum fünften Mal den Kürzeren.
Dang Qiu gratulierte anschließend seinem Gegner: "Ich muss leider anerkennen, dass er verdient gewonnen hat. Er hat sehr viele Bälle auf den Tisch zurückgespielt und mich damit zermürbt. Er hat einen guten Winkel auf meine Bälle, spielt mich sehr unangenehm an und lässt mich für jeden Punkt extrem viel arbeiten. Ich muss ziehen, ziehen, ziehen, während er hinten eine gute Distanz hat und meine Bälle gut reinblockt. Das macht es für mich gegen ihn sehr schwer.“
Nur zwei Punkte fehlen dem Europameister: "Auch ein bisschen Pech"
Dang Qiu, der Gerassimenko zu einem 11:6, 6:11, 13:11, 11:5, 5:11, 9:11 und 6:11-Erfolg gratulieren musste, ließ gegen den Kasachen eine 3:1-Satzführung ungenutzt. Im sechsten Durchgang allerdings stand er dicht vor einem, zu diesem Zeitpunkt, verdienten Sieg, nur ganze zwei Punkte fehlten dem Penholderass. 7:5 führte Qiu, als am Nebentisch der lokale Hero Felix Lebrun seinen 4:2-Erfolg gegen den Schweden Anton Källberg unter Dach und Fach brachte und Frankreichs Fans die South Paris Arena 4 mit Singen und lautstarkem Trampeln in die Geräuschkulisse eines Fußballstadions verwandelten. Der Deutsche verschlug eine relativ leichte Vorhand, sicherte sich danach jedoch mit 8:6 und 9:8 weitere Chancen, um seinen Angstgegner zu bezwingen. Doch Gerassimenko, der zuvor deutlich den 2:3-Anschluss hergestellt hatte, markierte mit drei Punktgewinnen in Folge auch den Ausgleich. Im Entscheidungssatz zog der Kasache mit einem fast fehlerlosen Traumstart auf 10:3 davonzog, bevor er mit 11:6 den Sieg endgültig unter Dach und Fach brachte.
Dang Qiu sagte nach seiner Niederlage: „Ich habe zwar mit 3:1 geführt, aber es waren alles umkämpfte Sätze. Es war ein Spiel auf des Messers Schneide. Im fünften Satz habe ich ein bisschen die Konzentration verloren, mit 1:4 direkt einen schlechten Start gehabt. Ich bin auf 4:4 herangekommen, danach steht es 4:7 und dann aber 4:11 – so etwas darf nicht passieren. In den sechsten Satz bin ich gut hineingekommen und habe zwischendurch 7:5 und 8:6 geführt. Dann treffe ich zwei Mini-Entscheidungen falsch und hatte auch ein bisschen Pech."
Bundestrainer Roßkopf: "Im siebten Satz zu einfache Fehler gemacht"
Unter dem Strich konnte Dang Qiu trotz einer sehr starken Leistung die Kreise des kasachischen Weltklassespielers, der aus Halbdistanz beidseitig seine Topspinschläge wie an Fäden gezogen zu platzieren weiß, auch im sechsten Duell nicht ausreichend einschränken. Das Düsseldorfer Penholderass begann im ersten Satz direkt am Tisch mit ungemein aggressiven Antworten auf die Topspins des Kasachen, musste jedoch im Spielverlauf seine Taktik gegen einen immer besser und immer sicherer werdenden Gerassimenko anpassen. Zeitweise fand Qiu zwar die richtige Mischung aus früher aggressiver Ballannahme und kontrollierten Platzierungsversuchen. die ihm immer wieder günstige Ausgangspositionen auch den von Gerassimenko bevorzugten Topspinrallyes bescherten, zu Beginn des siebten Satzes allerdings war die Fehlerquote des Düsseldorfers deutlich zu hoch.
Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf analysierte die Niederlage in der Mixedzone: „Nach seiner 3:1-Führung hatte Dang im sechsten Satz die Chance, das Spiel zuzumachen. Im Siebten erwischte er einen schlechten Start gehabt und hat zu einfache Fehler gemacht. Kirill war einmal wieder extrem sicher, so wie man das von ihm kennt. Er hatte zuletzt gute Ergebnisse erzielt und viel Selbstvertrauen getankt, hatte gegen Dang ja auch bei der WM gewonnen. Es war ein gutes Spiel auf einem hohen Level mit vielen guten Ballwechseln. Am Ende aber hat Kirill heute zu viele von diesen guten Ballwechseln gewonnen.“
Dang Qiu: "Der Fokus liegt jetzt voll auf dem Teamwettbewerb"
Olympia-Debütant Dang Qiu hielt mit der Enttäuschung über sein Ausscheiden nicht hinter dem Berg: "Natürlich habe ich jetzt Frust. Es ist sehr bitter, wenn man 3:1 führt und das Match gefühlt nach Hause bringen kann – aber so ist das nun einmal. Der Fokus liegt jetzt voll auf dem Teamwettbewerb. Ich muss meine spielerischen und mentalen Schlüsse aus dem Einzel ziehen. Das ist eine wertvolle Erfahrung für mich. Ich muss es gefasst nehmen, denn das Turnier geht noch weiter und meine Karriere auch. Genau solche Spiele braucht man, um hoffentlich den nächsten Schritt machen zu können.“
Quelle: Pressemitteilung DTTB
Beitragsbilder: Dang Qiu und Bundestrainer Jörg Roßkopf (Foto: BeLa Sportfoto)