Olympische Spiele: Deutsches Herren-Team steht nach souveränem 3:0 über Kanada im Viertelfinale
Deutschlands Herrenteam mit Dimitrij Ovtcharov, Dang Qiu, Timo Boll und Ergänzungsspieler Patrick Franziska ist mit einem souveränen 3:0-Erfolg über Kanada in den olympischen Mannschaftswettbewerb gestartet. Somit kommt es am Dienstagabend in der South Paris Arena 4 im Viertelfinale zur Neuauflage des EM-Endspiels gegen Team-Europameister Schweden, der sich im Achtelfinale gegen Dänemark mit 3:0 behauptete.
Bolls Paris-Einstand: "Im Verlauf hat es sich besser und besser angefühlt"
Alle Augen richteten sich erwartungsgemäß in der erneut mit 6.400 Zuschauern South Paris Arena 4 auf Timo Boll. Der 43 Jahre alte, ehemalige Weltranglistenerste stellte beim 3:0 über Kanada sowohl im Eingangsdoppel als auch im zweiten Einzel seine gute Olympiaform unter Beweis. Dem Weltranglisten-106. Eugene Wang ließ Boll, der mit den Olympischen Spielen in Paris seine internationale Karriere beendet, trotz eines abgewehrten Satzballes in Durchgang drei nicht die Spur einer Chance und verwandelte seinen ersten Matchball zum eigenen und zum. Der erst zum Mannschaftsturnier in Paris eingetroffene Rekordeuropameister sammelte beim 11:8, 11:5 und 12:10 vor dem wichtigen Viertelfinalduell mit Schweden wichtige Spielpraxis in der Haupthalle, in der der zweimalige World-Cup-Sieger seit seinem Eintreffen in Paris vor wenigen Tagen noch nicht trainieren konnte.
Timo Boll sah von Satz zu Satz eine Steigerung in seinem Spiel: "Die ersten paar Aufschläge waren ein bisschen krampfig, aber das hat sich einigermaßen gelegt. Ich bin ganz zufrieden. Ich habe nicht erwartet, dass ich hier sofort glänze, drei Bälle hinterm Rücken und den Handswitch gleich auf den Tisch spiele. Ich muss erst mal die Bälle auf den Tisch arbeiten, mich gut bewegen und tief stehen. Die Basics müssen erst mal stimmen und die haben hier zum Glück gereicht." Nervosität verspürte Deutschlands bester Spieler aller Zeiten in der South Paris Arena nicht: "Ich war eigentlich nicht besonders nervös, aber das Feingefühl war noch nicht da. Daran merkt man, dass man doch ein bisschen Anspannung hat. Zum Glück habe ich das in den Griff bekommen. Es war auch wichtig, dass ich danach noch ein Einzel gespielt habe. Ich bin den Trainern dankbar, dass sie so aufgestellt haben. Ich brauche die Matchpraxis und im Verlauf hat es sich besser und besser angefühlt.“
Bundestrainer Jörg Roßkopf freute sich über den gelungenen Turniereinstand Bolls: "Timo hat heute ein gutes Spiel gemacht und direkt einen guten Touch im Spiel gehabt. Das ist nicht selbstverständlich. Eugene Wang ist kein schlechter Spieler und hat viel Erfahrung. Aber auch Timo weiß, dass er morgen noch besser spielen muss.“
Doppel Boll/Qiu sorgt für ungefährdete 1:0-Führung
Im Doppel, das beim olympischen System zum Auftakt eines jeden Mannschaftsspiels ausgetragen wird, benötigte die von Bundestrainer Jörg Roßkopf aufgestellte Kombination Dang Qiu/Timo Boll gegen Routinier Eugene Wang und Jeremy Hazin hingegen ein wenig Anlaufzeit, bis das nicht eingespielte Duo gegen die Rechts-Links-Kombination einen Rhythmus gefunden hatte. In Gefahr geriet das Auftaktmatch im Doppel allerdings trotz des verlorenen zweiten Satzes zu keinem Zeitpunkt. Durchgang drei und vier wurden mit 11:8 und 11:5 eine sichere Beute der beiden Düsseldorfer. Wie im Einzel leistete sich der erst zum Mannschaftsturnier in Paris eingetroffene Rekordeuropameister Timo Boll auch im Doppel kaum einfache Fehler. Dang Qiu sagte nach dem Erfolg im Doppel: „Wir nehmen im Doppel jedes Spiel, wie es kommt, um Spielpraxis zu bekommen und reinzukommen. Timo und ich haben viele Einheiten zusammen absolviert. Wir nutzen jeden Ballwechsel, egal ob die Gegner Ma Long/Wang Chuqin sind oder die Kanadier.“ Timo Boll scherzte nach dem Doppel: "„Wir haben viel Doppel trainiert, auch gegen die Schweden. Es war heute ein bisschen Rumpel-Tischtennis im Doppel. Da müssen wir auf jeden Fall eine Schippe drauflegen. Egal, gegen wen wir spielen: Die Leistung von heute wird mit Sicherheit nicht reichen. Wir müssen uns steigern und tun das auch.“
Dimitrij Ovtcharov: "Wir haben verdient gewonnen"
Dazwischen hatte Deutschlands Mr. Olympia Dimitrij Ovtcharov seine Mannschaft mit 2:0 in Führung gebracht. Der sechsfache olympische Medaillengewinner, der im Achtelfinale des Einzelturniers unglücklich mit 3:4 gegen den späteren Bronzemedaillengewinner Felix Lebrun (Frankreich) ausschied, hatte gegen den Weltranglisten-37. Edward Ly heftigen Widerstand zu brechen, ohne wirklich in Gefahr zu geraten. Den Verlust des zweiten Satzes musste der World-Cup-Sieger von 2017 lediglich nach einer bis dahin sicheren 7:4-Führung hinnehmen. Nach dem deutschen Sieg erzählte der ehemalige Weltranglistenerste: "Mein Vater sagt immer, es sei schwierig gegen einen vermeintlich schwächeren Gegner extrem zu glänzen und sein ganzes Können abzurufen. Wir haben heute alle drei Spiele dominiert und verdient gewonnen, auch wenn wir nicht geglänzt haben."
Am Dienstag um 20 Uhr gegen Europameister Schweden
Nach dem ungefährdeten Aufgalopp im Mannschaftsturnier gegen Kanada wartet am Dienstagabend um 20 Uhr auf den Silbermedaillengewinner von Tokio 2020 nun eine wesentlich höhere Hürde. Die DTTB-Auswahl steht in einer Neuauflage des EM-Endspiels von 20213 Europameister Schweden gegenüber, der sich heute gegen seinen skandinavischen Nachbarn Dänemark mit 3:0 behauptete. Unter anderem gewann dabei der frischgebackene olympische Silbermedaillengewinner Truls Möregardh das Duell der Spitzenspieler gegen Anders Lind mit 3:2. Die beiden übrigen Punkte holte Kristian Karlsson im zweiten Einzel gegen Jonathan Groth sowie im Auftaktdoppel an der Seite von Anton Källberg.
Bundestrainer Jörg Roßkopf: "Es wird ein klassisches 50:50-Spiel"
Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf blickt voraus: “Im Viertelfinale von Olympia zu stehen, ist immer ein gutes Gefühl, aber wir wollen natürlich weitergehen. Wir wissen, dass es morgen gegen Schweden ein schweres Spiel wird. In einem olympischen Viertelfinale gibt es keine einfachen Gegner. Wir müssen uns in allen Spielen steigern, weil uns morgen auch die Gegner mehr abverlangen werden. Wir werden bereit sein.“ Zur Stärke des schwedischen Teams sagt der Bronzemedaillengewinner von Atlanta 1996: „Sie haben mit Möregardh den Silbermedaillengewinner im Einzel in ihren Reihen, der in Paris überragend spielt, und mit Källberg und Karlsson zwei Spieler, die für Düsseldorf in der Bundesliga spielen bzw. gespielt haben und viel mit uns trainieren. Alle Akteure kennen sich also sehr gut. Es wird ein klassisches 50:50-Spiel.“
Dimitrij Ovtcharov weiß, dass einzelne Momente entscheidend werden können: "Wir haben morgen eine schwere Aufgabe, aber die haben die Schweden auch. Ich hoffe, dass wir den Tisch mit einem Sieg verlassen. In Spielen bei Olympia, wo es ans Eingemachte geht, ist der Kopf extrem entscheidend. Natürlich sind Taktik und Einstellung wichtig, aber eine Situation kann das ganze Spiel entscheiden. Hugo hat im Einzel-Halbfinale im ersten Satz mit 10:4 gegen Truls geführt. Hätte er den gewonnen, hätte das Spiel in eine ganz andere Richtung nehmen können. Es gilt, diese entscheidenden Momente für uns zu nutzen.“ Dang Qiu, der heute nicht zum Einzel an den Tisch musste, ergänzt: "Wir müssen morgen in das Match alles hineinwerfen, egal ob wir uns gut kennen oder nicht. Es wird ein Spiel, bei dem die Details entscheiden. Respekt ist immer da, aber Angst brauchen wir vor den Schweden nicht zu haben.“
Den olympischen Silbermedaillengewinner im Einzel Truls Möregardh, der heute nur mit Mühe gegen den Dänen Lind gewann, erwartet Timo Boll zum Viertelfinale gegen Deutschland wieder in Bestform: „Truls war heute zwar super müde, hat aber viel Selbstvertrauen. Er hat durch die vielen Matches hier in Paris ein gutes Gefühl. Das müssen wir ihm nehmen.“
Quelle: Pressemitteilung DTTB
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