Olympische Spiele: Dang Qiu stürmt in die zweite Runde
Europameister Dang Qiu hat mit einer Weltklassevorstellung im Einzelwettbewerb die zweite Runde des Olympischen Tischtennisturniers erreicht. Der Düsseldorfer, der heute als einziger Deutscher in Paris an den Tisch musste, besiegte in seinem Auftakteinzel den Portugiesen Tiago Apolonia mit 4:1 und spielt nun am Montag um 20 Uhr gegen den Kasachen Kirill Gerassimenko um den Einzug in das Achtelfinale.
Dang Qiu verteilt keine Geburtstagsgeschenke an Apolonia
Wenngleich als überaus höflich bekannt und mit besten Manieren ausgestattet, verteilte Dang Qiu am 38. Geburtstag des mit der ehemaligen deutschen Nationalspielerin Zhenqi Barthel verheirateten Tischtennis-Ästheten aus Lissabon keinerlei Geschenke an den Portugiesen. Zwar musste der in Nürtingen geborene Wahl-Düsseldorfer nach nervösem Beginn dem EM-Dritten von 2015 den ersten Durchgang noch mit 2:11 überlassen, sicherte sich aber nach einer deutlichen Leistungssteigerung die nächsten vier Sätze hoch verdient mit 11:3, 11:2, 11:6 und 12:10. Mit seiner Weltklassevorstellung schraubte Deutschlands seit zwei Jahren konstantester Spieler seine internationale Bilanz gegen den Tischtennis-Ästheten auf 7:0. Lediglich in der Bundesliga hatte er dem Grünwettersbacher bisher zweimal zum Sieg gratulieren müssen.
An dem zweiten Satz dominiert nur Dang Qiu das Match
Sorgen musste sich die deutschen Fans in Paris trotz des deutlich verlorenen ersten Durchgangs nicht um Dang Qiu machen. Der Weltranglistenelfte drückte dem mit vielen hochklassigen Ballwechseln gespickten Match gegen den 55 Positionen hinter ihm notierten Südeuropäer in den Folgesätzen eindrucksvoll seinen Stempel auf. Während die Franzosen ihren am Nebentisch spielenden Landsmann Alexis Lebrun frenetisch anfeuerten und in der auch heute ausverkauften South Paris Arena für eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse sorgten, bestimmte vor allem in den Spielabschnitten zwei, drei und vier allein der Deutsche das Match und hatte auf jeden starken Schlag des Portugiesen mit seinen pfeilschnellen Vorhand- und Rückhandattacken, aber auch mit klugen Platzierungen und Tempowechseln stets die bessere Antwort parat. Das letzte Aufbäumen Apolonias in Durchgang fünf erbrachte dem Portugiesen zwar bei 10:9 noch einmal einen Satzball, doch Dang Qiu sorgte mit einer unerreichbaren parallelen Vorhand für den Ausgleich und nutzte kurz darauf seinen ersten Matchball zum 4:1-Erfolg.
Dang Qiu: „Musste extrem mein Niveau steigern und habe super gespielt“
Olympia-Debütant Dang Qiu reckte nach dem Sieg jubelnd die Faust in die Luft und zeigte sich mit seinem ersten Einzel überaus zufrieden. Den verpatzten Start hatte er schnell verarbeitet: „2:11 war kein optimaler Olympia-Start, aber Apolonia hat auch gut gespielt. Es war mir klar, dass er hier mit offenem Visier spielt. Ich musste am Ende auch extrem mein Niveau steigern, habe auch super gespielt, dementsprechend habe ich das 2:11 ziemlich gut weggesteckt.“ Dass bei Olympischen Spielen zunächst einmal auch Anspannung und Nervosität zu überwinden ist, hatte Dang Qiu bereits aus prominenter Quelle erfahren: „Dima Ovtcharov hatte mir das schon gesagt: Irgendwann legt man die Nervosität ab. Wenn ich dann in Bewegung bin, dann läuft der Motor irgendwann hoffentlich, dann muss nur noch das Spielerische laufen. Das ist für mich das Wichtigste: Wenn das Spielerische läuft, dann habe ich viel Selbstvertrauen in mein Spiel und dann müssen die Gegner auf einem hohen Niveau spielen, um gegen mich zu gewinnen. Diese Gewissheit hat mir die letzten Jahre viel Selbstvertrauen gegeben und das wird hoffentlich auch bei Olympia so sein.“
Bundestrainer Jörg Roßkopf, bei Olympischen Spielen selbst mit Bronze im Einzel (1996, Atlanta) und Silber im Doppel mit Steffen Fetzner (1992, Barcelona) dekoriert, zeigte Verständnis für den holprigen Start seines Schützlings: „Gefühlt waren alle Sätze recht deutlich. Dang hatte es schwer, ins Turnier zu kommen. Aber es ist auch nicht so einfach, wenn man Monate oder Jahre auf so ein Turnier hinarbeitet und direkt ein großes Spiel gegen einen so erfahrenen Spieler wie Tiago machen muss, der genau solche Spiele mag. Dang hat nach dem schnell verlorenen ersten Satz aber eine sehr gute Reaktion gezeigt. Er kam schnell zurück, hat die Sätze danach sehr deutlich gewonnen und das hat ihm viel Selbstvertrauen gegeben. So war es am Ende ein klarer Erfolg. Tiago zu schlagen, ist immer schwierig. Dang hat an seinem Limit gespielt und das musste er heute auch."
Die fantastische, aber enorm lautstarke Atmosphähre in der Halle, ausgelöst durch das parallel stattfindende Match des Franzosen Alexis Lebrun, nahm Dang Qiu mit Gelassenheit hin. Einfluss auf sein Spiel nahm sie nur bedingt: „Man hörte nicht mehr den Ball aufticken. Man hörte gar nichts mehr. Aber das ist irgendwie auch megageil, muss ich sagen. Das ist einfach das Olympia-Feeling und macht Spaß. Vor allem wenn man gewinnt, macht's Spaß. Die Brüder Lebrun haben genauso lange darauf hingearbeitet und haben jede Ehrenrunde verdient, die sie drehen können.“
Dang Qiu: „Gegen Gerassimenko muss ich mich auf eine Schlacht vorbereiten“
Während Dang Qius Nationalmannschaftskollege Dimitrij Ovtcharov nach seinem gestrigen Sieg über den Mexikaner Marcos Madrid noch bis Montagnachmittag auf die Ermittlung seines nächsten Kontrahenten sowie die Ansetzungszeit seiner Zweitrundenpartie warten muss, steht Dang Qius Gegner für den Kampf um den Einzug in das Achtelfinale schon fest. Der Europameister bestreitet am Montagabend um 20 Uhr sein nächstes Einzel gegen den für Bremen spielenden Weltranglisten-46. Kirill Gerassimenko.
Alles andere als eine leichte Aufgabe, denn Dang Qiu konnte seinen Kontrahenten in der Bundesliga erst einmal besiegen. Das einzige Aufeinandertreffen in der internationalen Statistik ging im Februar im Rahmen der Team-WM in Busan ebenfalls an den 27 Jahre alten Kasachen, der sein Erstrundeneinzel in Paris gegen den Chilenen Nicolas Burgos deutlich mit 4:0 gewann. Dang Qiu weiß, was ihn erwartet: „Kirill Gerassimenko ist ein Gegner, der mir persönlich nicht so gut liegt. Meine Bilanz gegen ihn ist 1:4 oder 1:5. Die letzten zwei Aufeinandertreffen lauteten einmal 13:11 für mich im Fünften und einmal 11:9 für ihn im Fünften. Das wird also ein maximal enges, ein richtig brutales Spiel. Er ist ein sehr, sehr ballsicherer Spieler, bringt unfassbar viele Bälle zurück und ich muss mich da auf eine richtige Schlacht vorbereiten.“ Bundestrainer Jörg Roßkopf ergänzt: „Morgen erwarte ich weniger Auf- und Rückschlag, sondern viele lange Ballwechsel. Da muss sich Dang gut bewegen und bereit sein, die Bälle bis zum Letzten auszuspielen. Kirill hat zuletzt sehr gut gespielt. Er spielt insgesamt in letzter Zeit mit sehr viel Selbstvertrauen. Beide kennen sich schon lange. Es wird ein gutes Spiel morgen.“
Quelle: Pressemitteilung DTTB
Beitragsbilder: Dang Qiu (Foto: BeLa Sportfoto)