Nicolas Barrois (Team-Manager 1. FC Saarbrücken TT): "Haben deutlich mehr erreicht als vor der Saison erhofft."
Für Champions-League-Sieger 1. FC Saarbrücken TT endete durch das 1:3 im Liebherr TTBL-Finale gegen Borussia Düsseldorf eine sehr erfolgreiche Saison ohne Happy End. Team-Manager Nicolas Barrois nennt im Interview Gründe für die Niederlage zum Abschluss der Tischtennis Bundesliga, zieht Bilanz und blickt auch schon auf die kommende Spielzeit.
Nicolas Barrois, Ihr 1. FC Saarbrücken TT hat sich im Liebherr TTBL-Finale dem Dauerrivalen Borussia Düsseldorf mit 1:3 geschlagen geben müssen. Wie groß ist mit etwas zeitlichem Abstand die Enttäuschung in Ihrem Team?
Nach der Enttäuschung unmittelbar nach dem Finale können ein paar Tage später schon gut einordnen, dass wir gegen die beste Mannschaft der ganzen Bundesliga-Saison verloren haben, die durch die Saison gewandelt ist, wie nur selten zuvor und sich auch deutlich souveräner in den Play-offs durchgesetzt haben als wir. Wir wissen aber auch, dass auch wir eine gute Saison gespielt haben.
Was hat im Endspiel den Ausschlag für Düsseldorf gegeben?
Es gab sicher ein oder zwei Schlüsselmomente. Da war zum einen die Niederlage von Patrick im ersten Einzel gegen Anton Källberg nach der Führung, auch wenn Anton hinten raus richtig gut performed hat und sich mit wenigen Fehlern das nötige Spielglück in der Endphase auch verdient hat. Zum anderen hätte Darko Jorgic im zweiten Einzel gegen Dang Qiu durch den Gewinn des dritten Satzes die zweite Luft bekommen und uns dann vielleicht wieder ins Match bringen können. Aber letztlich muss man wirklich sagen, dass Düsseldorf einfach besser war.
Hat man in der Schlussphase von Patrick Franziskas Spiel gegen Anton Källberg auf Ihrer Bank schon gespürt, dass Ihnen das gesamte Finale zu entgleiten begann?
Das war wirklich eine Schlüsselszene. Natürlich hatten wir gehofft, dass unsere Nummer zwei die Düsseldorfer Nummer eins knackt, aber leider ist uns das nicht gelungen. Dass uns da das Finale entgleitet, konnte zu diesem Zeitpunkt aber noch niemand ahnen, auch wenn es - man hat das auch an den Zuschauern gemerkt - für die ersten eineinhalb Sätze des zweiten Einzels ein Schock für uns gewesen ist und wir ehrlicherweise erst wieder durch den Sieg von Takuya Jin gegen Timo Boll wieder ins Spiel reingekommen sind.
Im Gegensatz zu Saarbrückens Champions-League-Sieg ging Ihr Top-10-Spieler Darko Jorgic zweimal leer aus. Was war anders als im Endspiel um Europas Krone?
Darko hat kein gutes Finale gespielt, das weiß er selbst. Das hat er selbst in der Nachbesprechung mit uns auch eingeräumt. Dazu haben aber verschiedenen Faktoren beigetragen. Da ist einmal der Zeitpunkt: Beim Champions-League-Finale kommt er gerade erneut als Sieger vom Europe Top 16 zurück, während er sich nun seit einigen Wochen nicht mehr in so einer Topform befindet, auch wenn es in 80 bis 90 Prozent seiner Spiele immer noch reicht. Aber gegen Düsseldorf muss man bei 100 Prozent sein, das war er nicht, und dadurch wurde es eben ganz schwer und am Ende auch zu schwer. Ein anderer Punkt ist sein Selbstvertrauen, das nach dem Top 16 eben sehr hoch war und nach seinem frühen Aus bei den European Games eben nicht mehr so groß gewesen ist. Ich denke, dass diese beiden Aspekte die größten Unterschiede gemacht haben.
Düsseldorf hatte sein Team vor dem Finale zur Vorbereitung für gut eine Woche zusammengezogen. Jorgic hingegen reiste erst kurz vor dem Endspiel von seinem WTT-Heimspiel in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana an. War das rückblickend auch ein Faktor für die Niederlage?
Das ist grundsätzlich sicher ein Faktor. Wir führen über die engen Zeitpläne auf vielen Ebenen viele Diskussionen. Es war natürlich nicht optimal, dass wir nicht alle Spieler zur Vorbereitung in Saarbrücken hatten, auch wenn wir die Teilnahme an dem Turnier angeboten hatten. Die meisten waren ja auch ausreichend früh wieder zurück, aber es spielt natürlich auch eine Rolle, wenn einer der Topspieler erst am Samstag vor dem Finale anreisen und sich nicht 100-prozentig vorbereiten kann. Darkos Teilnahme hing aber tatsächlich auch sehr damit zusammen, dass er bei seinem Heimturnier spielen wollte. Er sollte vom Verband und olympischen Komitee aus auch spielen, da ist es nicht so einfach zu sagen, dieses Turnier mal auszulassen, denn gerade im vorolympischen Jahr ist es wichtig gewesen, dass er sich zuhause noch einmal präsentiert, denn es ist ja in Slowenien auch vor allem durch seine Leistungen ein riesiges Medieninteresse am Tischtennis vorhanden. Deswegen haben wir ihm - wie allen anderen unserer Spieler - die Möglichkeit zur Teilnahme geben wollen. Insgesamt sind wir aber nicht daran im Finale gescheitert, auch wenn es uns natürlich lieber gewesen wäre, wenn wir uns wieder noch gezielter ohne Überschneidungen mit anderen Terminen auf das Liebherr TTBL-Finale hätten vorbereiten können. Aber man braucht wohl eine Glaskugel, um vorhersagen zu können, ob das in Zukunft noch einmal funktionieren wird.
Saarbrücken hat zum ersten Mal die Champions League gewonnen, sein erstes Double aber verpasst. Wie fällt Ihre Saisonbilanz aus?
Das verpasste Double ist für uns kein Beinbruch. Sicher ist unser Ziel immer der Gewinn von Titeln, entsprechend enttäuscht waren wir nach dem Liebherr TTBL-Finale. Doch wir sehen auch, dass wir das Pokal-Halbfinale erreicht haben, die Champions League gewonnen haben und Vizemeister geworden sind - wir haben also deutlich mehr erreicht, als wir uns vor der Saison erhofft und ausgerechnet hatten. Wir streben vor Beginn einer Saison für die TTBL immer die Play-offs und nach Möglichkeit das Finale und in der Champions League das Halbfinale an, und mit einem Titel haben wir das übertroffen.
Stehen also die Ziele Ihres Klubs für die neue Saison auch schon fest?
Wir haben einen breiteren Kader und mit Yuto Muramatsu einen der Topspieler aus der vergangenen TTBL-Saison dazubekommen. Wenn er das bei uns bestätigen kann, sehe ich uns auf einem guten Weg, die Erfolge aus der abgelaufenen Saison zu wiederholen oder wieder nah an sie heranzukommen. Natürlich wird unser Hauptziel in der neuen Saison sein, dass neue Final Four in der Champions League zuhause in Saarbrücken zu erreichen, aber auch in die Play-offs und ins Pokal-Halbfinale zu kommen. Allerdings haben wir mit Düsseldorf und den TTF Liebherr Ochsenhausen zwei weitere sehr gute Mannschaften in der Liga und mindestens sechs Mannschaften, gegen die wir verlieren können. Wir hoffen natürlich trotzdem, dass wir unsere Ziele verwirklichen können, und wenn dabei auch noch ein Titel herauskommt, sind wir glücklich - und wenn nicht, haben wir alles dafür getan.
Beitragsbild oben: Nicolas Barrois (Foto von BeLa Sportfoto)