Interview mit Vizeweltmeister Hugo Calderano (TTF Liebherr Ochsenhausen): „Egal, was gesagt wird: Das Spiel wird am Tisch entschieden“

Die TTF Liebherr Ochsenhausen wollen im Liebherr TTBL-Finale am Sonntag gegen Borussia Düsseldorf nach dem Pokalsieg im Januar und zwei WM-Medaillen inklusive Gold die erfolgreichste Saison ihrer Vereinsgeschichte perfekt machen. Im Interview spricht Ochsenhausens Einzel-Vizeweltmeister über die Überwindung seiner Olympia-Enttäuschung 2024, seine Ziele nach dem bevorstehenden Abschied von den TTF sowie über seine Hoffnung auf gute Erinnerungen der Ochsenhausener Fans an seine Zeit an der Barockstraße.
Hugo Calderano, Sie haben kürzlich bei der WM in Doha Einzel-Silber gewonnen. Wie haben Sie diesen Erfolg in den Tagen danach feiern und genießen können?
Ich konnte einige Tage mit meiner Familie in Brasilien verbringen, und es war wichtig, den Erfolg zu feiern und zu genießen, bevor ich wieder ins Training eingestiegen bin.
Was bedeutet Ihnen der historische Aspekt der ersten Medaille für Südamerika in der fast 100-jährigen WM-Geschichte?
Es ist ein Traum, die erste WM-Medaille in so vielen Jahren nach Brasilien zu holen. Ich freue mich, unseren Nachwuchsathleten zeigen zu können, dass dies mit viel harter Arbeit und Engagement möglich ist.
Wenige Wochen vor Doha haben Sie in Macao auch den Weltcup gewonnen. Wie stufen Sie für sich persönlich die beiden Erfolge ein?
Es ist schwer zu vergleichen, aber ich würde sagen, sie sind ähnlich einzuordnen. Das Wettkampfniveau ist ziemlich gleich, daher sticht der Weltcup-Titel etwas hervor. Auf der anderen Seite haben die Weltmeisterschaften natürlich eine längere und größere Geschichte.
Bei Olympia 2024 in Paris haben Sie die erträumte Medaille denkbar knapp verpasst und waren anschließend längere Zeit tief enttäuscht. Anfang des Jahres jedoch avancierten Sie beim Pokalsieg Ihrer TTF Liebherr Ochsenhausen bereits zum Matchwinner und feierten nun den Weltcup-Erfolg sowie eine WM-Medaillen. Wie haben Sie sich aus dem Loch nach Olympia herausgearbeitet?
Ich wusste immer, dass meine Zeit noch kommen wird. Es war eine harte Phase für mich nach Olympia, aber ich weiß, wie man durchhält und weitermacht, auch wenn es nicht einfach ist. Es war wichtig, Geduld zu haben und etwas Leid zu akzeptieren, bevor es wieder besser wurde.
Nun steht bald im Liebherr TTBL-Finale am 15. Juni in Frankfurt das Endspiel um die deutsche Meisterschaft gegen Borussia Düsseldorf auf dem Programm. Wie schalten Sie für das Finale von Feierlaune auf Alltag um?
Das sollte kein Problem sein, da ich mich sehr gerne auf diese Großereignisse vorbereite und sehr motiviert bin, noch einen weiteren Titel nach Ochsenhausen zu holen.
Welchen Stellenwert hätte der Titel für Sie?
Es wäre der perfekte Abschluss meines und unseres gemeinsamen Kapitels mit den TTF Liebherr Ochsenhausen.
Das Finale ist auch Ihr letztes Spiel im Ochsenhausener Trikot. Mit welchen Empfindungen blicken Sie auf diesen Tag?
Natürlich wird es etwas ganz Besonderes. Ich werde einfach versuchen, das Spiel zu genießen und mein Bestes für den Verein zu geben.
Welche Ziele wollen Sie in Zukunft mit welchen Mitteln erreichen?
Ich möchte weiterhin um die größten Titel und Medaillen kämpfen. Es gibt keine Abkürzungen auf diesem Weg, außer hart zu arbeiten, also werde ich das auch weiterhin tun.
Noch einmal zurück zum Liebherr TTBL-Finale: Viele Fans und auch Experten schreiben Ihrer Mannschaft die Favoritenrolle zu. Sind Sie auch dieser Meinung?
Ich würde nicht sagen, dass es einen Favoriten gibt. Düsseldorf hat viel Erfahrung in solchen Spielen und eine wirklich starke Mannschaft. Und egal, was im Vorfeld gesagt wird: Das Spiel wird am Tisch entschieden.
Worauf wird es gegen Düsseldorf ankommen?
Viele Faktoren können das Spiel entscheiden. Letztlich müssen wir auf uns schauen, auf einen großen Kampf vorbereitet sein und die sich bietenden Chancen nutzen.
Das Finale bedeutet für Düsseldorfs Star Timo Boll sogar den Schlusspunkt hinter seiner gesamten Karriere. Kann das in Frankfurt Einfluss für seine Gegner oder seinen Gegner haben?
Am Sonntag wird es am Tisch sicherlich viele Emotionen geben. Ich bin mir sicher, dass Timo nochmals bereit sein wird, auf höchstem Niveau zu spielen. Es ist mir eine große Ehre, bei seinem letzten Spiel dabei zu sein. Es ist ein Abschied von einem großartigen Sportler und einer großartigen Karriere, die dem Tischtennis so viel gegeben hat. Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute.
Welches Bild aus Ihrer Zeit in Ochsenhausen wollen Sie in besonderer Erinnerung behalten?
Ich werde jeden Moment und jede Emotion, die ich mit den Leuten auf und neben dem Platz geteilt habe, in Ehren halten, und hoffe, dass die Fans sich an mich als jemanden erinnern, der ihnen Energie, Freude und Glück gebracht hat, immer sein Bestes für den Verein gegeben hat und ihnen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.
Vielen Dank für das Gespräch, Hugo Calderano.
Interview: Florian Manzke