Interview mit Thomas Stecher (Geschäftsführer Post SV Mühlhausen): „Wir sprechen von einem extrem lehrreichen Jahr“

Interview mit Thomas Stecher (Geschäftsführer Post SV Mühlhausen): „Wir sprechen von einem extrem lehrreichen Jahr“

Der Post SV Mühlhausen hat in der ausklingenden Saison mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen gehabt. Im Interview spricht Geschäftsführer Thomas Stecher über die Gründe sowohl für das mäßige Liga-Abschneiden als auch den unbefriedigenden China-Deal seines Klubs, aber auch über weiter bestehende Ambitionen und die erneut vielversprechenden Personalplanungen der Thüringer.

Thomas Stecher, für den Post SV Mühlhausen ist die ausklingende Saison alles andere als gut verlaufen. In der TTBL keine Chance auf einen Play-off-Platz, im Pokal nicht für das Liebherr Pokal-Final Four qualifiziert und in der Champions League trotz eines spektakulären China-Deals schon im Achtelfinale ausgeschieden. Kann man von einem verlorenen Jahr sprechen?

Wir sprechen auf gar keinen Fall von einem verlorenen Jahr, doch sicherlich von einem schwierigen und auch extrem lehrreichen. Nach mehreren Spielzeiten in Folge, in denen wir am oder teilweise sogar über dem Limit gespielt haben, hat einfach in dieser Saison nicht alles zusammengepasst. In allen drei Wettbewerben sind wir doch ein Stück weit hinter den Erwartungen, vor allen Dingen aber auch den Erwartungen von außen, zurückgeblieben. Die Saison ist aber noch nicht zu Ende: In der Liga haben wir noch zwei hochinteressante Partien vor den Schlägern, und im Europe Cup soll die Reise im Viertelfinale für uns natürlich nicht beendet sein.

Wie groß war zwischenzeitlich die Angst um den Klassenerhalt?

Angst um den Klassenerhalt würde ich so nicht sagen, wir hatten aber schon die eine oder andere Sorgenfalte zu Beginn der Saison auf der Stirn. Doch wir haben auch immer an die Stärke unserer Mannschaft geglaubt, aus eigener Kraft am Ende über dem Strich zu landen.

Mittlerweile dürfte doch sicherlich eine erste Analyse der Probleme in den vergangenen Monaten erfolgt sein. Was sind die entscheidenden Gründe für die Misserfolge gewesen?

Natürlich haben wir die bisherige Spielzeit analysiert und im Nachgang geschaut, was gut gelaufen ist und was schlecht. Ein Hauptgrund neben dem schlechten Saisonstart ist schon die fehlende Konstanz gewesen, dass wir nicht zu jedem Spieltag die optimale Leistung abrufen konnten. Bei dem Programm, das die Spieler im Moment auf vor allem internationalem Parkett fahren müssen, ist es allerdings auch kein Wunder. Deswegen sprechen wir im Moment nicht von einem Misserfolg, sondern wirklich eher von einer sehr, sehr schwierigen Saison, aber eben auch einer lehrreichen, aus der wir Rückschlüsse ziehen und durch die wir uns natürlich für die Zukunft auch besser wappnen wollen.

Ihr langjähriger Kapitän Daniel Habesohn wechselt zum TSV Bad Königshofen, und Irvin Bertrand spielt künftig für Werder Bremen. Soll der Umbruch in Ihrer Mannschaft die entscheidende Antwort auf die Schwierigkeiten der laufenden Saison sein?

Ich sehe diesen - in Anführungszeichen - Umbruch nicht unbedingt als eine Antwort auf die Schwierigkeiten dieser Saison. Wir sagen ja jetzt nicht, dass Danny und Irvin in irgendeiner Weise schuld am Saisonverlauf sind und wir sie auswechseln müssen. Es ist vielmehr trotz unserer personellen Konstanz in den vergangenen Jahren so in diesem schnelllebigen Tischtennisgeschäft, dass auch mal ein bisschen frischer Wind in einen Verein und in eine Mannschaft gehört.

Nach Mühlhausens Verpflichtung des Top-100-Taiwaners Liao Cheng-Ting kommt von Meister Borussia Düsseldorf auch Kay Stumper zur neuen Saison an die Unstrut. Was hat trotz seiner bisher nur sehr mäßigen Saisonbilanz für die Verpflichtung des Nationalspielers gesprochen?

Es ist für uns ein tolles Ding, einen jungen deutschen Nationalspieler von Rekordmeister Borussia Düsseldorf losgeeist zu haben. Man muss ja nur auf sein Alter gucken: Mit 22 Lenzen ist er einer der Zukunftsspieler der Tischtennis-Bundesliga. Er ist ambitioniert, und ich denke, dass er auch in Mühlhausen unter unserem großartigen Trainer Erik Schreyer beste Möglichkeiten hat, den nächsten Schritt zu gehen und sich weiter in der Liga zu etablieren. Entsprechend erscheint es mir auch zu einfach, die Wertigkeit von Kays Verpflichtung an der aktuellen Bilanz in Düsseldorf festzumachen. Wir versprechen uns sehr, sehr viel von ihm, und ich denke, dass er bei uns viel Einsatzzeit bekommen wird und uns die nächsten Jahre sehr, sehr viel Freude bereiten wird.

Werden Sie über Liao und Stumper ihren Kader im Vergleich zur ausklingenden womöglich auch qualitativ noch zusätzlich verstärken?

Aktuell ist uns zum Abschluss unserer Kaderplanungen gelungen, in Marcos Freitas einen absoluten Topspieler in den Lotto-Thüringen-Centercourt zu holen. Darüber sind wir sehr glücklich. Durch unsere drei Neuverpflichtungen zusammen mit Ovidiu Ionescu und Steffen Mengel, die ja weiter für uns spielen, können wir uns auf eine tolle Saison freuen.

Haben Sie sich in Mühlhausen denn auch schon Ziele für die kommende Spielzeit gesetzt?

Wir wollen zunächst einfach mehr Konstanz erreichen. Mit einem Fünfer-Kader von der Qualität, die der Post SV zur neuen Saison anbietet, ist das ein gutes Ziel, so dass wir in der Tabelle auch wieder ein Stück weiter oben angreifen können. Im Pokal nehmen wir uns zunächst vor, das hochattraktive Liebherr-Pokal Final Four zu erreichen, das ein gigantisches Turnier ist und ein großes Medieninteresse weckt. Alles weitere werden die Mannschaft und unser Trainer gemeinsam ausloten. Vor allem aber wollen wir wieder in ruhige und erfolgreichere Fahrwasser wie in den vorherigen Jahren zurückkehren.

Kommen wir auf die Champions League zu sprechen: Mit der Verpflichtung der chinesischen Top-10-Spieler Lin Gaoyuan und Liang Jingkun war Mühlhausen ein spektakulärer und international beachteter Coup gelungen. Woran hat es letztlich gelegen, dass der Plan nicht wirklich aufgegangen ist?

Natürlich haben wir mit den beiden einen Riesencoup landen können. Dass dies hinten raus als Medien-Gag oder Werbemaßnahme dargestellt wurde, ist völlig abstrus. Es hat unglückliche Entwicklungen gegeben durch Verletzungen wie bei Liang oder auch Terminänderungen in China, aber Lin Gaoyuan war ja zum Achtelfinalrückspiel da und hat sich vor seiner starken Leistung in Polen auch in unserer Halle unseren Fans präsentiert. Ich finde, da muss man nicht von großen Enttäuschungen sprechen. Zur Wahrheit gehört ja auch, dass wir immerhin bei der Nummer drei der europäischen Setzliste unglücklich und mit dem denkbar knappsten aller Ergebnisse im Golden Match gescheitert sind.

Ihre Mannschaft ist nun im Europe Cup, dem kleinen Champions-League-Bruder, im Viertelfinale vertreten. Wäre ein Titelgewinn ein taugliches Trostpflaster?

Der Europe Cup ist mehr als nur der kleine Bruder der Champions League, das ist der zweitwichtigste europäische Wettbewerb. Wir sind im Viertelfinale gegen das spanische Topteam Real Club Priego de Cordoba gefordert, und wir wollen diese Hürde mit unseren tollen Fans im Rückspiel gemeinsam nehmen, um so weit wie möglich zu kommen. Wir brauchen auch gar nicht unbedingt ein Trostpflaster, sondern sind vor allem geil darauf, einen europäischen Titel zu holen.

Werden Sie zur neuen Saison erneut für die Königsklasse melden - und wenn ja: auch wieder mit Extras-Spielern?

Ein Ziel ist für uns immer, für unsere Fans, für unsere Sponsoren und für unsere Partner einen tollen internationalen Wettbewerb zu bieten. Ich denke schon, dass wir uns auf europäischem Parkett wiederfinden, aber eines ist klar: Externe Spieler in dem Modell, wie wir es diese Saison probiert haben, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr geben. Ich denke, dass wir mit der Mannschaft, die in der TTBL und im Pokal spielt, auch international starten und vor allem auch durchstarten wollen.

Vielen Dank für das Gespräch, Thomas Stecher.


Interview: Florian Manzke