Interview mit Ruwen Filus (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell): „Durch unseren Dämpfer ist das Play-off-Rennen sehr knapp geworden“
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Der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell ist im Kampf um die vier Play-off-Plätze trotz seiner Ambitionen in Bedrängnis geraten. Im Interview spricht Fuldas Abwehrspezialist Ruwen Filus über die Bedeutung der kommenden „Tage der Wahrheit“ für seine Mannschaft, die Fortsetzung seiner Laufbahn und seine beanspruchende Familiensituation.
Ruwen Filus, Ihr Team vom TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell schien nach einem Zwischentief rund um den Jahreswechsel wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden zu haben und auf Play-off-Kurs zu steuern. Wie tief sitzt Ihrer Mannschaft nun ausgerechnet vor den Showdown-Spielen in der letzten Februar-Woche gegen den 1. FC Saarbrücken TT und bei Borussia Düsseldorf der Schrecken durch die unerwartete 0:3-Heimniederlage gegen den TTC Schwalbe Bergneustadt in den Knochen?
Tatsächlich schon ein bisschen. Wir waren eigentlich voller Optimismus für die Play-offs, nachdem Kao Cheng-Jui signalisiert hatte, im Februar wieder für uns dabei sein zu können. Wir wollten mit ihm gegen Bergneustadt wie schon im vorherigen Spiel bei Werder Bremen unbedingt gewinnen. Da war das 0:3 dann schon ein richtiger Dämpfer für uns. Wir halten zwar noch einen Play-off-Platz, aber durch unseren Dämpfer ist das Play-off-Rennen wirklich schon sehr knapp geworden.
Sind die Duelle mit Saarbrücken und Düsseldorf denn schon kleine Endspiele für Ihren Verein?
Kao wird in diesen beiden Spielen meines Wissens auf jeden Fall wieder mitspielen. Wenn wir dadurch eines von diesen zwei Spielen gewinnen, kann es auch durch unser auf dem Papier leichteres Restprogramm reichen. Allerdings sind wir als Mannschaft ohne Kao auch nicht immer souverän gewesen, wie in der Hinrunde unser 1:3 beim Tabellenletzten TTC Zugbrücke Grenzau gezeigt hat. Also zwei Punkte brauchen wir entweder gegen Saarbrücken oder in Düsseldorf wohl schon, das wäre sehr wichtig für uns.
Ihr Klub hat mit den Verpflichtungen von Kao und Dimitrij Ovtcharov auch höhere Ambitionen entwickelt. Im Pokal allerdings haben sich die Hoffnungen auf die Teilnahme am Liebherr Pokal-Final Four nicht erfüllt. Erzeugt das für das Minimalziel Play-offs nun umso stärkeren Druck?
Zwischenzeitlich herrschte wirklich mehr Druck. Dann waren vorübergehend Kaos weitere Einsätze unsicher, so dass wir die Play-offs kurze Zeit sogar schon einmal ganz abgeschrieben hatten. Aber in der Konstellation, wie es nun geplant ist, müssten die Play-offs erreicht werden können – auch wenn in letzter Zeit besonders Saarbrücken aufgeholt hat und auch noch einen Play-off-Platz ergattern will.
Für Sie selbst ist die Rückrunde bisher gut verlaufen. 5:1 Siege stehen in Ihrer bisherigen Bilanz nach nur zwei Siegen in zehn Hinrundenspielen. Wie ist der Knoten geplatzt?
Es klingt sicherlich überraschend, aber tatsächlich habe ich mal wieder konstant trainieren können. Mittlerweile ist es bei mir leider so, dass ich es nicht schaffe, regelmäßig zu trainieren, und dann abbaue. Aber es geht bei mir aus privaten Gründen eben nicht anders. Es gibt dann aber auch Phasen, in denen ich trainieren kann, und dann spiele ich auch direkt wieder besser, zumal ja auch nach einem Sieg das Selbstvertrauen gleich wieder ein anderes ist. Es ist also nicht nur das Training, aber es ist natürlich schon ein wichtiger Faktor.
Haben Sie mit Blick auf diese Gesamtsituation in Bremen und gegen Bergneustadt trotz Ihres Aufwärtstrends ausgesetzt?
Es ist bei uns natürlich einerseits so, dass die beiden Topspieler gesetzt sind, wenn sie da sind. Außerdem ist Fanbo Meng ein aufstrebender Spieler und soll – er ist ja auch der Sohn unseres Trainers - viel spielen. Andererseits bin ich schon lange dabei und habe nicht mehr so den Anspruch, unbedingt spielen zu müssen, und außerdem ein paar Gegner, gegen die ich nicht so gerne spiele. Deswegen ist einvernehmlich besprochen, dass Fanbo in der beschriebenen Konstellation spielen soll und kann. Ich kann damit entspannt umgehen, denn ich habe meine ganze Karriere lang bewiesen, dass ich es kann, und deswegen habe ich auch mit einem Platz auf der Bank kein Problem. Für mich ist wichtiger, dass die Aufstellung dem Verein und der Mannschaft hilft und dass die Mannschaft Erfolg hat.
Sie sind gerade 37 Jahre alt geworden. Der eine oder andere Ihrer Kollegen spielt bis weit in die 40er – kommt das für Sie auch in Betracht?
Mein Vertrag läuft am Saisonende aus. Wir sind aber auch schon in Gesprächen für die nächste Saison.
Sie gehören ja auch weiterhin dem Perspektivkader des DTTB an. Welche Ambitionen haben Sie noch auf internationaler Ebene?
Olympische Spiele sind für mich abgehakt. Ich habe es immer versucht, aber es hieß auch zu meinen besten Zeiten immer schon, dass ich mit meinem Abwehrsystem nicht in das Mannschaftskonzept für das Olympia-Spielsystem passe. Ich hätte schlechtestens die Nummer zwei in Deutschland sein müssen, um überhaupt eine Chance darauf zu haben, bei Olympia spielen zu können, obwohl ich ja auch schon Bronze bei Europameisterschaften im Doppel gewonnen und damit gezeigt habe, dass ich auch Doppel kann.
Für Welt- und Europameisterschaften, bei denen auch die Mannschafts-Wettbewerbe nur mit Einzeln ausgetragen werden, sind die Perspektiven anders?
Ja, genau, da würde ich bereitstehen, wenn mich die Trainer dort spielen lassen möchten. Allerdings hat sich in letzter Zeit ja auch gezeigt, dass die Trainer ja verstärkt auf den Nachwuchs setzen, auch wenn ich nicht schlechter war, aber irgendwann muss der Wechsel ja auch kommen. Ich kann nur mein Bestes geben und mich international beweisen, auch wenn es für mich durch viele private Termine zuletzt schwierig gewesen ist, die notwendige Zahl von Turnieren zu spielen oder überhaupt auch spielen zu dürfen. Selbst unter diesen Umständen aber hat im vorigen Jahr nicht viel gefehlt, dass ich eine deutlich höhere Weltranglistenposition gehalten hätte. Aber den Aufwand, der nun dafür wieder notwendig wäre, bekomme ich abgesehen von einzelnen Phasen privat gar nicht mehr hin.
Haben Sie denn für das Ende Ihrer Laufbahn schon einen Zeitpunkt ins Auge gefasst?
Wenn ich keinen Platz mehr im Bundeskader haben sollte, wird es auch bald in Richtung Planung des Karriereendes gehen. Das kann, wenn man die Weltrangliste zugrunde legt, auch sehr schnell gehen - da bin ich auch sehr realistisch. Bis dahin bin ich aber bereit, mein Bestes zu geben.
Sie haben mit privaten Terminen bereits Ihre familiären Verhältnisse angesprochen, die Pflege für Ihre mit Behinderungen geborene Tochter Marie mit Ihrem Beruf als Tischtennisspieler zu vereinbaren. Wie geht es denn Ihrer Familie und wie geht es Marie?
Wir haben ja immer schon versucht, für Marie möglich zu machen, was möglich ist, und dafür auch mit Therapien und Reha-Maßnahmen gearbeitet. Inzwischen hat Marie noch eine Schwester und einen Bruder, was die organisatorischen Aufgaben noch anspruchsvoller macht, zumal meine Frau auch an drei Tagen in der Woche arbeitet. Da muss alles gut geplant werden. Aber Marie ist, was uns am meisten bedeutet, ein fröhliches Kind und macht bei all ihren Einschränkungen immer wieder kleine Fortschritte, über die wir uns sehr freuen. Aber generell muss immer jemand bei Ihr sein.
Lebenssituationen wie Ihre bedeuten immer auch Herausforderungen. Was haben Sie für sich aus dieser Situation bisher ziehen können?
Die Freude über kleine Dinge, die für andere völlig selbstverständlich sind. Eigentlich sogar, dass man nichts mehr als selbstverständlich annimmt. In meinem Sport war wichtig zu lernen, klare Abgrenzungen zwischen privaten Erfordernissen und der Fokussierung auf den Sport zu ziehen.
Sie haben auch schon Gedanken an Ihr Laufbahnende angedeutet. Welche Schlagzeilen würden Sie bis dahin noch gerne über sich lesen?
Ruwen Filus wird mit Fulda deutscher Meister.
Vielen Dank für das Gespräch, Ruwen Filus.
Interview: Florian Manzke