Interview mit Dang Qiu (Borussia Düsseldorf): „Wir hoffen auf einen krönenden Abschluss für Timo“

Interview mit Dang Qiu (Borussia Düsseldorf): „Wir hoffen auf einen krönenden Abschluss für Timo“

Titelverteidiger Borussia Düsseldorf bestreitet am 15. Juni in Frankfurt das Liebherr TTBL-Finale gegen Pokalgewinner TTF Liebherr Ochsenhausen. Im Interview spricht Düsseldorfs Spitzenspieler Dang Qiu über die Chancen des Rekordmeisters, die spezielle Konstellation durch den gleichzeitigen Abschied von Borussias Idol Timo Boll und blickt auch schon auf die erste Saison der Rheinländer ohne das Aushängeschild des deutschen Tischtennis voraus.

Dang Qiu, im Liebherr TTBL-Finale treffen Sie am 15. Juni in Frankfurt mit Titelverteidiger Borussia Düsseldorf auf Pokalsieger TTF Liebherr Ochsenhausen. Welche Mannschaft ist Ihrer Meinung nach Favorit?

Es ist schwierig zu sagen, welche Mannschaft wirklich Favorit ist. Auf dem Papier sind beide Mannschaften extrem stark. Momentan kann Ochsenhausen vielleicht die etwas breitere Brust haben, denn sie haben in dieser Saison schon den Pokal gewonnen und mit Hugo Calderano einen derzeit phänomenalen Einzelspieler vorne. Er ist nach seinem Weltcup-Erfolg vor kurzem in atemberaubender Form, und das pusht seine Mannschaft sicherlich noch einmal extrem.

Was können Sie mit der Borussia dem Lauf der TTF und Calderanos Stärke entgegensetzen?

Wir müssen uns absolut nicht verstecken. Nicht von ungefähr haben wir die letzten vier Meisterschaften nacheinander gewonnen und stehen zum fünften Mal in Folge im Finale. Das alles sind auch Zeichen für unsere Stärke. Deswegen bin ich auch zuversichtlich, dass wir auf jeden Fall eine gute Chance haben werden. Ich denke, es wird ein Wettkampf auf Augenhöhe sein.

In der Punktrunde hat Düsseldorf beide Duelle mit Ochsenhausen verloren. Spielt das bei den Planungen für das Endspiel eine Rolle?

Ich glaube, dass die Begegnungen in der regulären Saison im Finale keine große Rolle spielen. In beiden Partien haben beide Mannschaften nicht vollständig aufgestellt und sind nicht mit der gesamten Mannschaft angereist. Ich denke, beim Finale wird das anders laufen - da wird jedes Team komplett spielen. Dann werden die Karten noch einmal komplett neu gemischt.

In Ihrer Mannschaft bestreitet Timo Boll das unwiderruflich letzte Spiel seiner Profilaufbahn. Sorgt das für zusätzliche Motivation im Borussen-Team?

Ich kann nur für mich sprechen, aber wohl auch für unsere gesamte Mannschaft sagen, dass es etwas Besonderes, ein riesiges Highlight ist, mit Timo sein allerletztes Spiel seiner Karriere zu bestreiten. Es wird ganz sicher ein sehr besonderer Tag, ein sehr emotionaler Tag - vor allem für Timo, aber auch für uns. Mich motiviert das natürlich sehr, und ich hoffe, wir und auch Timo selbst können uns da gegenseitig den perfekten Abschied für Timo ermöglichen.

Wie macht sich diese besondere Konstellation bemerkbar?

Es macht sich meiner Meinung nach vor allem im mentalen Bereich bemerkbar. Ich freue mich einfach, dass wir es geschafft haben, das TTBL-Finale als unser großes Saisonziel erreicht zu haben, und dann noch in Frankfurt mehr oder weniger vor seiner eigenen Haustür. Alles, was noch dazu kommt, wäre in meinen Augen noch eine Zugabe, und wir werden natürlich unser Bestes versuchen, damit Timo einen krönenden Abschluss bekommt.

Kann Bolls Abschied im Finale auch ein mentaler Nachteil für seinen Gegner sein?

Ich weiß nicht genau, wie der Gegner mit der Situation umgeht, dass Timo ausgerechnet gegen ihn sein letztes Spiel bestreitet. Aber ja - es könnte natürlich sein, dass es für den Gegner, je nachdem, wer es sein wird, auch etwas Besonderes ist. Insgesamt glaube ich aber, dass wir alle professionell genug sind, um uns auch in einer solchen Situation auf das Sportliche zu konzentrieren.

Es ist noch etwas hin bis zum Finale, aber mit welcher Rolle rechnen Sie für sich?

Ich habe in den letzten Jahren bei Borussia oft mehr oder weniger die Führungsposition übernommen im sportlichen Sinn. Ich bin häufig auf der Spitzenposition aufgestellt worden in wichtigen Spielen, in den entscheidenden Spielen und habe mich dabei auch immer sehr gut verkauft und gehe auch mit breiter Brust voll ins Spiel rein. Ich weiß aber auch, dass wir, besonders auch mit Anton Källberg und Timo, eine sehr gefährliche Mannschaft haben, so dass wir in der Aufstellung auch rotieren können. Aber insgesamt sehe ich mich in unserer momentanen Mannschaft mehr oder weniger schon als Leader und wie bereits in den letzten ein oder zwei Jahren als Punktemacher, aber nicht als Kapitän, weil das definitiv Timo ist.

Endspiele bedeuten immer auch Druck. Hat in dieser Hinsicht die vorherige Champions-League-Endrunde für Ihre Mannschaft eine Bedeutung oder herrscht in Frankfurt schon wieder neuer Druck?

Endspiele haben immer eine besondere Bedeutung. Natürlich wird uns das Champions-League-Finale nur zwei Wochen vorher noch sicher in den Knochen stecken oder auch im Kopf beschäftigen. Ich hoffe aber, dass wir da schon ein Erfolgserlebnis feiern können. Das ist außerdem ein Titel, den ich auch persönlich sehr, sehr gerne einmal gewinnen möchte, nachdem wir in den vergangenen drei Jahren immer sehr nahe dran waren. Aber jedes Spiel ist einzigartig, und deswegen gilt, auch für das TTBL-Finale eine neue Vorbereitung zu haben.

Das neue Gesicht Ihrer Mannschaft für die erste Saison nach der „Ära Timo Boll“ steht bereits fest. Worauf wird es Ihrer Meinung nach für Düsseldorf ankommen?

Es war schon etwas merkwürdig, dass Timo zuletzt schon nicht mehr beim Fototermin für die neue Saison dabei gewesen ist. Zuerst haben wir alle auch noch gedacht, wo Timo denn sein würde, aber es wird eben unsere erste Saison ohne Timo. Ich glaube, es wird darauf ankommen, dass wir alle unsere Leistungen bringen, dass wir alle weiterhin motiviert sind, gute Leistungen zu bringen. Wenn das gelingt, bin ich sehr, sehr optimistisch mit der neuen Mannschaft, weil wir junge und auch hungrige Spieler dazu bekommen haben, die spielerisch auch sehr stark sind.

Noch einmal zum Finale: Was werden die entscheidenden Faktoren sein?

Es wird auf jeden Fall die Tagesform entscheiden. Ich glaube, das ist das Allerwichtigste. Wir haben es immer geschafft, an dem Tag X besonders gut drauf zu sein und uns immer den Gesamtsieg zu holen. Ich glaube, es wird eine geschlossene Mannschaftsleistung sein müssen, weil man als Sammlung individueller Spieler keine Titel in der Mannschaft gewinnt, sondern man muss immer als Mannschaft funktionieren. Deswegen denke ich, dass es - abgesehen von der Form - das Wichtigste sein wird.

Vielen Dank für das Gespräch, Dang Qiu.

 

Interview: Florian Manzke