Interview mit Andreas Preuß (Manager Borussia Düsseldorf): „Im Finale werden die Karten neu gemischt“
Rekordsieger Borussia Düsseldorf will im Liebherr TTBL Finale gegen den 1. FC Saarbrücken TT seinen Meistertitel erfolgreich verteidigen. Im Interview spricht Borussen-Manager Andreas Preuß über die Besonderheiten einer Olympia-Saison, die Verteilung der Favoritenrolle und die Bedeutung von Timo Bolls Abschiedsankündigung für das Endspiel.
Andreas Preuß, im Vorfeld des Liebherr TTBL-Finales gegen den 1. FC Saarbrücken TT beherrschen Schlagzeilen um Timo Bolls bevorstehenden Abschied von der internationalen Bühne sowie die WTT-Wettbewerbe zur Vorbereitung auf die nahenden Olympia-Turniere die Schlagzeilen. Wie verläuft unter diesen Umständen in Düsseldorf die Vorbereitung auf das Endspiel um die Meisterschaft?
In diesem Jahr ist vieles anders, alles steht im Zeichen von Olympia. Lange ging es zunächst um die Qualifikation für Paris, jetzt sind alle schon in der Vorbereitung. Wir sind natürlich stolz darauf, dass drei Spieler von Borussia Düsseldorf bei Olympia dabei sind, und wir akzeptieren deswegen auch, dass unsere Vorbereitung auf das Liebherr TTBL Finale eine andere als in den vorherigen Jahren ist. Nach den Slovenian Open haben wir einige Tage zum gemeinsamen Training, danach folgt bis vier Tage vor dem Bundesliga-Endspiel der Olympia-Lehrgang der deutschen Nationalmannschaft. Dadurch bleiben unserem Trainer Danny Heister noch einmal drei Tage mit allen Jungs für den Feinschliff für das Spiel gegen Saarbrücken. Insgesamt ist es vielleicht keine optimale Vorbereitung, aber immer noch eine gute Vorbereitung auf ein großes Finale.
Ihre Borussia tritt in Frankfurt als Meister der vergangenen drei Jahre und insgesamt auch als Rekordmeister auf, Saarbrücken als Hauptrunden-Gewinner und Champions-League-Sieger. Wie sind Ihre Meinung nach die Kräfteverhältnisse zu bewerten?
Aus meiner Sicht sind die Kräfteverhältnisse offen. Ich sehe Saarbrücken dabei in dieser Saison stärker als in den vorigen Jahren. Darko Jorgic spielt wesentlich stabiler, Patrick Franziska spielt konstant auf einem unfassbar hohen Niveau, Yuto Muramatsu hat als Abwehrspieler die Mannschaft enorm verstärkt, weil er für jeden unserer drei Spieler gefährlich sein kann, die Nummern vier, fünf und sechs sind ein Stück besser als unsere, und schließlich ist Saarbrücken im Doppel sehr stark. Zusammengefasst geht Saarbrücken für mich leicht favorisiert ins Finale.
Düsseldorf hat sich in der ausklingenden Saison auf dem Weg ins Endspiel den einen oder anderen Ausreißer nach unten oder sogar auch eine ungewohnt lange Schwächephase erlaubt. Was sagt das über Ihre Mannschaft aus?
Saarbrücken war in der bisherigen Saison eindeutig die bessere Mannschaft. Wir hatten mehrere Hochs und Tiefs, die aber sicher auch mit dem internationalen Kalender zusammenhingen, so dass klar war, dass es eine schwere Rückrunde für uns werden würde. Saarbrücken hat vermutlich auch aufgrund seiner größeren Variationsmöglichkeiten etwas konstanter als wir gespielt.
Spielen der holprige Saisonverlauf und insbesondere die drei Niederlagen in den wettbewerbsübergreifend vier bisherigen Saisonduellen mit Saarbrücken im Finale eine Rolle?
Wir wollten in die Play-offs und dann am besten nicht direkt im Halbfinale gegen Saarbrücken. Nachdem wir das nun geschafft haben, sind die Karten meiner Meinung aber neu gemischt. Man sollte auch nicht unsere direkten Duelle überbewerten, denn nur in den Finals haben beide Mannschaften in ihren stärksten Besetzungen gespielt.
Düsseldorf und Saarbrücken treffen im dritten Finale der Saison zum dritten Mal aufeinander und stehen sich saisonübergreifend sogar zum fünften Mal in fünf Endspielen in Folge gegenüber. Kann man bei dieser Abfolge überhaupt noch Revanche für verlorene Finals wie zuletzt Düsseldorfs Niederlage im Champions-League-Finale wollen?
Ehrlicherweise ist es nach unserer bitteren 2:3-Niederlage im Champions-League-Finale in Saarbrücken nach einer Aufholjagd von 0:2 auf 2:2 schon etwas wie eine kleine Revanche. Das will man irgendwo wieder wettmachen.
Die Spieler beider Finalisten betonen immer wieder, dass sie sich mittlerweile sehr gut kennen. Wie kann man sich unter solchen Vorzeichen noch überraschen?
Alle unsere Spiele sind Highlights, sind immer irgendwie 50:50 - und haben auch immer besondere Wendungen. Ich erwarte generell ein Finale auf einem Niveau, das wir lange nicht hatten, denn alle sind durch die Olympia-Vorbereitung voll im Saft und im Kopf auch schon hochmotiviert. Das wird ganz großer Sport.
Welchen Stellenwert hätte Düsseldorfs vierte Meisterschaft nacheinander und warum?
Der Titel hätte auch beim vierten Mal nacheinander wieder eine hohe Bedeutung, denn Serien vor und nach Olympia sind meiner Erfahrung nach immer sehr kompliziert, und wenn wir in solch einer besonderen Saison nach dem Pokal noch einen zweiten Titel holen, wäre es eigentlich überragend. Man müsste das ja auch außerdem damit zusammen bewerten, dass drei unserer Spieler die Olympia-Qualifikation geschafft haben, was alleine schon hervorragend ist.
Timo Boll spielt womöglich nach 17 Jahren sein letztes TTBL-Endspiel für Düsseldorf. Welche Emotionen und Erinnerungen löst dieser Gedanke aus?
Timos für 2025 angekündigter Abschied vom Profisport macht das Finale zusätzlich zu einem besonderen Endspiel. Ich kann die Aussicht auf seinen Rückzug momentan – wie wohl ganz Tischtennis-Deutschland – nur nach und nach an mich heranlassen. Ich fange langsam an, jeden Einsatz, jedes Spiel von ihm zu genießen. Weil aber noch nicht ausgemacht ist, dass wir nächstes Jahr wieder ein Finale erreichen, ist Frankfurt alleine schon deswegen speziell, weil es schon sein letztes Endspiel für und mit uns sein könnte. Genau das löst natürlich auch besondere Emotionen aus, die Mannschaft weiß das, Timo weiß das, und alle werden sich reinhängen.
Vielen Dank für das Gespräch, Andreas Preuß.
Interview: Florian Manzke
Beitragsbild oben: Andreas Preuß (Foto: Hansruedi Lüthi)