Interview mit Andreas Heyden (CEO Dyn Media): „Wachstum der Community schaffen wir nur alle zusammen“

Interview mit Andreas Heyden (CEO Dyn Media): „Wachstum der Community schaffen wir nur alle zusammen“

Dyn blickt auf das erste Jahr seiner Medienpartnerschaft auch mit der Tischtennis Bundesliga (TTBL) zurück. Im Interview bewertet Dyn-CEO Andreas Heyden die Erfahrungen des innovativen Streaminganbieters in der vergangenen Saison und gibt zugleich erste Einblicke in die Pläne für die kommende Spielzeit.

Andreas Heyden, die TTBL war lange vor Sendebeginn im Sommer 2023 der erste Zugang für das neue Dyn-Portfolio. Hat sich die Wahrnehmung des Sports im Haus seitdem verändert?

Dyn hat eine Mission, die über eine singuläre Wahrnehmung einer Sportart hinausgeht. Das bedeutet, dass wir die Wahrnehmung und auch Wertschätzung unserer Sportarten steigern und ihre positiven Werte mithilfe der Fans in die Gesellschaft tragen.  Wenn wir von „unseren Sportarten” sprechen, meinen wir Handball, Basketball, Volleyball, Hockey und eben auch Tischtennis. Wir haben die bewusste Entscheidung getroffen zu versuchen, viele Rechte für unsere Sportarten zu bekommen statt viele Sportarten mit wenigen Rechten. Dadurch haben wir im Tischtennis die zwei großen Rechtepakete TTBL und WTT erworben, um die herum wir relativ viele redaktionelle Inhalte kreieren. Für mich persönlich ist Tischtennis ein superspannender Sport, auch wenn es eine unserer kleineren Sportarten ist, weil wir zeigen, wie man mit innovativer Produktion und innovativem Storytelling eine Sportart medial kreieren kann. Hinsichtlich der Zusammenarbeit und des Professionalisierungsgrads der Liga und der Klubs, ist es - gemessen an den zur Verfügung stehenden Mitteln - absolut beachtlich, was dort geleistet wird.

Aller Anfang ist schwer, und so sah sich Dyn zu Saison mit Kritik wegen technischer Schwächen im Stream und nicht zuletzt auch wegen der im Tischtennis lange nicht mehr gewohnt gewesenen Bezahlschranke konfrontiert. Wie hat Ihr Haus diese Widrigkeiten aufgefangen?

Man muss zwei Phasen des Lernens trennen. Da war die Zeit bei Twitch, in der ein kostenloses Produkt mit einer niedrigen Zugangshürde bereitgestellt wurde und die Klubs Zeit hatten zu lernen, wie Medienproduktion funktioniert. In der Zeit ist sicher nicht alles perfekt gelaufen, aber seit unserem Sendebeginn im August vorigen Jahres wurde uns auch von externen Beobachtern attestiert, dass wir insgesamt einen guten Sendestart hingelegt haben. Wir hatten zum Beispiel keine Totalausfälle. Dennoch haben wir in den ersten Wochen und Monaten viel dazugelernt. Am Ende der Saison aber und mit Blick auf die Summe der übertragenen Spiele gab es meiner Meinung nach nur sehr wenige Dinge, die man noch wirklich bemängeln könnte. Aber generell nehmen wir jedes Kunden-Feedback ernst, wir haben auch sehr viel an unserer Seite gearbeitet, nachdem wir zum Start hinter der Paywall auch nicht alle Smart-TV-Plattformen abgedeckt hatten. Wir haben aber dann jeden Monat neue Plattformen freigeschaltet von AppleTV bis FireTV. Wir hatten zudem als Bezahlmöglichkeit zu Beginn kein Paypal, was wir kurz nach dem Launch anbieten konnten. Wir haben auch die gesamte Plattform vom Erwerb der Rechte bis zum Launch auf die Beine gestellt.

Hat sich das Feedback der Community durch die angesprochenen Verbesserungen verändert?

Zwischen 93 und 96 Prozent aller Kunden waren in den letzten 30 Tagen der jeweiligen Saison aktiv. Wir haben also ein Produkt geschaffen, das von den Menschen genutzt und gesehen wird. Wir sehen über alle Sportarten hinweg auch ein sehr moderates Kündigungsverhalten von einer Saison zur nächsten, im Tischtennis speziell sind wir sehr zufrieden. Die Menschen, unsere Abonnenten, kommen oft, gucken viel - und nur wenige kündigen. Das sind die KPIs, die wichtigsten Messindikatoren, auf die ich am meisten schaue. Könnten es nicht noch mehr Kunden sein? Sicher. Aber wir befinden uns in keinem Sprint, sondern absolvieren einen Marathon, in dem wir die erste Saison hinter der Paywall bestritten haben und wir mit dem Verhältnis von den Zuschauern, die vorher kostenlos live geguckt haben, und denen, die nun gegen Bezahlung zuschauen, zufrieden sind. Uns gefällt dabei besonders, dass wir mit Formaten wie dem „Plattenupdate” oder „360”, das wir im Normalfall nur für Handball und Basketball umsetzen und mit Timo Boll zu einem ungewöhnlichen Blick hinter die Kulissen genutzt haben, Akzeptanz finden. Bis zu 20 Prozent der Gesamtreichweite machen wir dabei mit On-demand-Abrufen, womit wir sehr zufrieden sind. Denn alles, was einen Grund darstellt, öfter zu schauen, hilft dabei, dass der Zuschauer den Wert seines Abos noch besser versteht und nicht kündigt.

Hat Dyn denn in seiner Debütsaison den Tischtennis-Zuschauer schon etwas kennenlernen können?

Neue Erkenntnisse haben wir meines Erachtens nicht gesammelt. Wir wussten und haben bestätigt bekommen, dass die Tischtennis-Community etwas älter ist, regionaler bei den TTBL-Vereinen angesiedelt und entsprechend orientiert. Die Tischtennis-Gruppe ist eher dem gesellschaftlichen Durchschnitt angeglichen, also nicht nur älter, sondern auch eher männlicher.

Gab es von Ihren Tischtennis-Kunden bereits Anregungen, die Sie im Laufe der Saison schon umgesetzt haben?

Tatsächlich. Zu den Vorschlägen gehörte, mehr Inhalte schneller den Vereinen für deren eigenen Kanäle zur Verfügung zu stellen, und inzwischen hat jeder Klub über unsere Content-Plattform auch die Möglichkeit, seine Inhalte zu downloaden, weiter zu bearbeiten sowie auf seinen Social-Media-Kanälen, auf seiner Homepage oder in seiner App nutzen zu können und teilweise auch zu vermarkten. Das ist - nicht nur für Tischtennis - eine große Veränderung, weil frühere Rechteinhaber in dieser Hinsicht eher restriktiv waren. Wir sind aber gerade erst dabei, diesen Markt auf zwei Ebenen zu entwickeln. Einerseits mit Monetarisierung durch das Pay-Modell, durch das wir Produktionskapazitäten aufbauen können, mit denen wir den Sport überhaupt erst medial erlebbar machen. Und andererseits durch den Erlösstrang Werbung, indem wir Sponsoren und Partnern eine größere Visibilität geben, weil die Klubs die Inhalte auf ihren eigenen Kanälen nochmals verwenden können.

Ist erkennbar geworden, ob Tischtennis-Fans sich auch für die anderen Sportarten aus dem Dyn-Angebot interessieren und andersherum Anhänger anderer Sportarten sich plötzlich auch für Tischtennis interessieren?

Regionale Überschneidungen oder lokale Effekte mit Vereinen anderer Sportarten sind weitgehend nicht gegeben. Aber auch generell schauen die meisten Fans vor allem ihre Sportart - das aber viel und intensiv.

Welche Entwicklung im und für Tischtennis haben Sie seit Beginn Ihrer Übertragungen wahrgenommen?

Man kann diese Entwicklungen in zwei Bereiche unterteilen. Zum einen war es auch in Zusammenhang mit unseren Rechten an WTT-Turnieren etwas völlig Neues, dass wir mit unseren bekannten Gesichtern in die Hallen gehen oder auch Finals im Pokal oder um die Meisterschaft medial zelebrieren. Das hilft dabei, den Sport in ein helleres Licht zu stellen. Zum anderen sehen wir und bekommen auch aus den Vereinen die Rückmeldung, dass der Kinder- und Jugendsport recht gut besucht ist, dass es da nicht wirklich Nachwuchssorgen gibt.

Ist das der Ansatz für Ihr „Move your sport"-Programm?

Tatsächlich wollen wir uns damit gezielt neben unserem Einsatz als Medienpartner in Bereichen wie dem Aufbau und der Stabilisierung von Strukturen im Nachwuchsbereich einbringen. Dafür investieren wir zehn Prozent unserer Abo-Erlöse zur Unterstützung von Nachwuchsförderkonzepten innerhalb unserer Partnerligen, wobei jeder einzelne unserer Abonnenten über die Vergabe seines Beitrags an eine Sportart entscheidet.

Außer Ihrem Haus würde also der Tischtennis-Sport in mehrfacher Hinsicht von einer wachsenden Anzahl von tischtennis-affinen Dyn-Abonnenten profitieren. Wie wollen Sie diese Steigerung bewerkstelligen?

Unsere Abonnenten erleben eine Werthaltigkeit des Produktes, für das sie bezahlen, es funktioniert auf jedem Gerät ihrer Wahl, und sie werden bestens unterhalten. Wenn diese Faktoren in Ordnung sind, dann brauche ich nur noch eines: mehr Nutzer. Da sind aber natürlich auch Klubs, Ligen, Spieler, Verbände gefragt, dafür zu sorgen, dass mehr Kunden Dyn-Tischtennis abonnieren. Denn dadurch steigen Medienerlöse, und das stärkt die Nachwuchsförderung. Ab einem gewissen Punkt haben wir unseren grundlegenden Job auch erledigt: Wir übertragen, wir berichten, wir betreiben Web und Apps, aber das Wachstum der Community schaffen wir nur alle zusammen. Das größte Potenzial sehe ich dabei in der Zusammenarbeit mit den Klubs und den Ligen, dafür werden wir uns um entsprechende Modelle bemühen, denn Tischtennis ist ein hochkompetitiver Sport, der weltweit von Millionen von Menschen und eben nicht nur in Gymnasien auf dem Dorf gespielt wird. Wir sind in Deutschland zwar noch auf einem niedrigeren Niveau, aber es ist eine der fünf Sportarten, auf die wir wetten.

Wer hat in der Partnerschaft bisher welche Ziele erreicht?

Ich habe noch keine Klagen gehört. Für die erste Saison, in der wir den Schritt von Free-TV zur Einführung der Paywall vollzogen haben, bin ich sehr zufrieden. Wir haben auch viele Learnings generiert für Hockey, das als nächste Sportart diesen Weg gehen wird. Beispielsweise bedeutet Pay-TV auch eine bessere Verfügbarkeit, weil wir auf allen Smart-TVs vertreten sind und es mobile Apps gibt. Dass wir außerdem inzwischen eine Sportart in ihrer ganzen Breite und Tiefe auf einer Plattform präsentieren, ist für unsere Kunden ein großer Wert. Wir bekommen außerdem von Klubs und Ligen widergespiegelt, dass das Interesse der Sponsoren spürbar gesteigert worden ist. Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus, dass Tischtennis jetzt mit Dyn-Tischtennis ebenso eine TV-Marke hat wie Sky für Fußball.

Konnte Dyn seinem erklärten Ziel, „Home of...", also praktisch die Heimat für jede seiner Sportarten zu sein, im Premierenjahr bereits näherkommen?

Wenn man „Home of..." auf der emotionalen Ebene so verstehen möchte, dass ich dort alles finde, was mich interessiert, dann ist die Antwort ein klares Ja. Im Tischtennis gibt es neben TTBL und WTT mit wenigen Ausnahme kaum etwas, was man vermissen müsste. Da haben wir das Ziel erreicht, wir haben aber auch erreicht, in einem Großteil der Haushalte empfangbar zu sein, dass die Übertragungen mithilfe der Klubs eine den Umständen entsprechend hohe Qualität haben - und trotzdem sind wir immer noch erst am Anfang.

Welche Bedeutung hat für Dyn in der kommenden Saison eine Fortsetzung der insgesamt geschilderten Entwicklungen und Prozesse?

Wir werden sicher mit einer der drei Sportarten Volleyball, Tischtennis und Hockey in den kommenden fünf Jahren einen großen Entwicklungsschritt gehen. Ob das Tischtennis sein wird, lässt sich momentan nicht vorhersagen. In zwei oder noch besser drei Jahren kann man sicher eine Zwischenbewertung vornehmen.

Werden sich die Programminhalte von Dyn-Tischtennis zur neuen Saison verändern?

Wir werden weiter experimentieren. Wir werden weiter Inhalte wie das „Taktikbrett” ausprobieren und uns zugleich Inhalte beim „Plattenupdate” anschauen. Eine Saisonpause ist schließlich auch zur Analyse da. Ich denke, dass wir mehr mit spannenden Persönlichkeiten aus dem Sport machen und Geschichten erzählen, uns zusammen mit den Klubs weiter professionalisieren, um Themen abseits des Spiels aufarbeiten zu können. Die nächste Wachstumsstufe wird meiner Meinung nach ohnehin sein, dass wir es schaffen, die Inhalte außerhalb der Liveübertragung noch größer, schöner, breiter, interaktiver und sozialer zu gestalten. Dazu werden wir auch „Move your sport" intensiver verfolgen und damit zeigen, was wir für unsere anfangs beschriebene Mission, die positiven Werte des Sports in die Gesellschaft zu tragen, tun. In jedem Fall freuen wir uns auf die neue Saison.

Vielen Dank für das Gespräch, Andreas Heyden.


Interview: Florian Manzke

Beitragsbilder: (Fotos: BeLa Sportfoto)