Interview mit Andreas Albert (Geschäftsführer Sport TSV Bad Königshofen): „Ich wollte unsere Stärke selbst nicht wahrhaben“

Interview mit Andreas Albert (Geschäftsführer Sport TSV Bad Königshofen): „Ich wollte unsere Stärke selbst nicht wahrhaben“

Der TSV Bad Königshofen liegt in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) nach mehr als zwei Dritteln der Punktrunde nach seiner Halbfinal-Premiere im Vorjahr erneut auf Play-off-Kurs. Im Interview spricht Sport-Geschäftsführer Andreas Albert über die jüngste Siegesserie, die Mannschaftsphilosophie und die gewachsene Anziehungskraft der Franken.

Andy Albert, Ihr TSV Bad Königshofen geht in der TTBL nach der WTT-Pause mit dem Rückenwind von nicht weniger als fünf Erfolgen nacheinander in das Verfolgerduell mit dem punktgleichen Meister Borussia Düsseldorf. Wie denken Sie mit etwas Abstand über diesen Lauf?

Es ist, einmal wieder, ein Wahnsinn, was die Jungs da geleistet haben, besonders wenn man noch bedenkt, dass wir dabei am Anfang auch noch ohne Bastian Steger spielen mussten…Aber man kann schon sagen, dass es läuft bei uns.

Wie waren denn Ihre Erwartungen für das Ende der Hin- und den Anfang der Rückrunde?

Als wir im Herbst von Bastis Handverletzung erfuhren, dachten wir schon, dass es für uns jetzt sehr, sehr schwer werden würde. Aber wir haben alle knappen Spiele gewinnen können, weil Jin Ueda in glänzender Verfassung gespielt hat, Filip Zeljko sich immer weiter nach oben entwickelt und sicher bald auch einmal einen Einser schlagen kann, und Martin Allegro im Schlussdoppel eine Macht ist.

Sie sprechen Ihre Stärke im Doppel an: Sechs von bisher acht Doppeln in der laufenden Saison gingen an Ihre Mannschaft. Welche Rolle spielt das Doppel in Ihren taktischen Überlegungen?

Wir waren ja schon in der vorigen Saison im Doppel stark, und wir haben es geschafft, daran nahtlos anzuknüpfen. Wir schätzen das Doppel auch immer als sehr wichtig ein, weil in den vier Einzeln vorher immer viel passieren kann.

Nun steht Bad Königshofen in der Saison nach seiner ersten Play-off-Teilnahme gleichauf mit Pokalsieger TTF Liebherr Ochsenhausen und Düsseldorf an der Tabellenspitze. Hätten Sie auf eine solche Konstellation zu einem bereits recht weit fortgeschrittenen Zeitpunkt der Saison zu hoffen gewagt?

So nicht unbedingt, mit dieser buchstäblichen Augenhöhe war nicht zu rechen.

Genau genommen ist die Begegnung ja ihr zweites Heimspiel der Saison gegen Düsseldorf, nachdem das Heimspiel der Borussen im Herbst in Würzburg ausgetragen worden war…

So ähnlich kann man es sehen. Aber dieses Mal haben wir durch unsere Fans in unserer Halle einen echten Heimvorteil, während das Spiel in Würzburg für uns trotz der geografischen Nähe kein wirkliches Heimspiel war – was sich vielleicht auch auf das Ergebnis ausgewirkt hat.

Was war denn in Würzburg anders?

Das war eher ein Timo-Boll-Abschiedsspiel, die Zuschauer sind hauptsächlich gekommen, um Timo nochmal spielen zu sehen, waren aber insgesamt eher neutral. Das wird bei uns anders sein, denn zu uns kommen die Fans wegen Bad Königshofen und zur Unterstützung unserer Mannschaft.

Rund um Ihre Mannschaft herrscht ja in Ihrer Heimatregion geradezu Euphorie. Kann diese Begeisterung Ihre Mannschaft wieder in die Play-offs tragen?

Es ist ja – fast unabhängig von der Stimmung bei den Vereinen – eigentlich immer noch alles möglich. In dieser Saison schlägt ja beinahe jeder jeden.

Ein Grund dafür sind die häufigen Rotationen….

Das mag ja so sein. Aber dennoch ist nicht akzeptabel, dass wir mitunter nur als Nutznießer dieser Entwicklung dargestellt oder gar beschimpft werden. Das ist Schmarrn, denn es ist ja bei der Zusammenstellung unserer Mannschaft schon immer unsere Politik gewesen, dass Spieler wie Steger oder Ueda sich voll mit unserem Bundesliga-Team identifizieren und bei jedem Spiel dabei sein sollen – und das macht dann in Zeiten wie heute eben den Unterschied. Wir stehen wegen unseres Kurses und nicht etwa aus Zufall oder von Gnaden anderer Mannschaften da, wo wir stehen. Im Gegenteil gerät die ganze Liga immer wieder einmal in kein so gutes Licht, wenn die eine oder andere Mannschaft wegen anderer Verpflichtungen ihrer Profis nicht mehr genug Spieler an den Tisch bringen kann.

Kurz nach Bad Königshofens Play-off-Teilnahme in der vorigen Saison haben einige den Überraschungserfolg als Eintagsfliege eingestuft. Ist dieser Eindruck durch Ihren neuerlichen Höhenflug widerlegt?

Ich habe in den Gesprächen mit Sponsoren vor Saisonbeginn ja selbst eine Wiederholung ausgeschlossen – die Liga schien mir einfach zu stark, weil die meisten anderen Teams nochmal aufgerüstet haben. Jetzt stehen wir aber wieder da oben.

Vielleicht sind Sie ja doch so stark?

Ja, das ist es ja: Ich wollte unsere Stärke selbst nicht wahrhaben. Aber wir merken jetzt schon, dass wir nicht nur an Ausnahmetagen mit den stärksten Mannschaften mithalten können.

Kommt die Stabilisierung Ihres Klubs in der Spitzengruppe auch durch die Verpflichtung des hochgehandelten Talents Andre Bertelsmeier zur neuen Saison zum Ausdruck? Immerhin hatte ja auch Düsseldorf sich um ihn bemüht…

Wenn sich ein junger Spieler für uns und gegen Borussia Düsseldorf entscheidet, zeigt es tatsächlich, dass Bad Königshofen einen guten Namen hat und auf den Social-Media-Kanälen durch unsere Verbindungen nach Japan fast auch eine kleine Weltmarke ist, zumal wir eine gute Trainingsgruppe haben und ein weiter wachsendes Leistungszentrum aufbauen. Dennoch: Trotz Andre werden wir durch den Abschied von Jin Ueda wohl sicher erst einmal wieder kleinere Brötchen backen müssen, auch wenn Andre durch sein Wesen in unserem familiären Umfeld wieder eine neue Euphorie bei uns auslösen kann.

Sie haben Jin Uedas Rückkehr nach Japan schon erwähnt. War er nicht zu halten, obwohl er ja eine Art Gesicht Ihrer Mannschaft geworden war?

Tatsächlich ist er sehr beliebt, sein Standing reicht inzwischen an die Ebene von Steger oder Zeljko heran. Im Spaß sage ich ihm auch immer noch, dass wir ihn nicht gehen lassen werden. Aber durch die Umstände, auch für seine schulpflichtig gewordenen Kinder, hat sich seine ganze Familie zu einer Heimkehr nach Japan entschieden. Das müssen wir akzeptieren, so schwer es uns auch fällt.

Außer Ueda wird aber auch Allegro Ihr Team in Richtung des TTBL-Konkurrenten TTC Zugbrücke Grenzau verlassen. Hatten Sie nicht auch auf seinen Verbleib gehofft?

Wir wussten von ihm, dass er aus Frankreich ein Angebot mit der Möglichkeit zu Einsätzen in der Champions League hatte. Dass er nun nach Grenzau geht, hatten wir nicht erwartet.

Offiziell gehört auch Kilian Ort zu Ihrer Mannschaft – hat aber seit fast zwei Jahren nicht mehr spielen können. Wie ist der Stand der Dinge?

Kilian hat ja zuletzt selbst durchblicken lassen, dass an Einsätze momentan noch nicht zu denken ist. Wir warten aber auf ihn und halten ihm einen Platz frei.

Ohne Kilian stehen Ihnen für die kommende Saison aber erst drei Spieler zur Verfügung. Holen Sie noch einen oder sogar zwei Spieler?

Einen sicher, eventuell aber auch zwei. Wir müssen abwarten, wie unsere Gespräche mit Sponsoren verlaufen. Wir haben aber ja auch noch Zeit bis zum 31. Mai.

Vor Saisonbeginn haben Sie im Professionalisierungsprozess für die Management-Ebene Tomasz Kasica vom Absteiger FSV Mainz 05 verpflichtet. Lässt sich ein erstes Fazit der Zusammenarbeit ziehen?

Er ist mit ganzem Herzen dabei, ist nah an der Mannschaft und organsiert sehr viel. Wir sind sehr froh, dass er sich bei uns einbringt, auch mit seinem Netzwerk. Wir werden zur passenden Zeit sicher ein Gespräch über die Möglichkeiten einer Fortsetzung unsere Zusammenarbeit führen.

Vielen Dank für das Gespräch, Andy Albert.

 

Interview: Florian Manzke