Dang Qiu: Werde mich auf keinen Fall auf Erfolgen ausruhen
Dang Qiu hat einen steilen Aufstieg hinter sich: Der 25-Jährige feierte eine erfolgreiche Debütsaison mit Borussia Düsseldorf, gewann vor einem Monat die Meisterschaft in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) und feierte auch international zahlreiche Erfolge. Im Interview spricht Qiu über den Wechsel vom ASV Grünwettersbach zur Borussia, den Aufstieg in die Top 10 der Weltrangliste und den jüngsten Titelreigen.
Dang Qiu, am ersten Juli-Sonntag beim Frankreich-Fest in Ihrer Wahl-Heimat Düsseldorf haben Sie nach einer Oldtimer-Rallye die Siegerehrung vorgenommen. Wie war die Erfahrung auf der anderen Seite?
Das war wirklich einmal etwas ganz anderes und deswegen auch sehr interessant. Auf jeden Fall war es auch schön, einmal einen Preis zu übergeben und die Freude mit den Siegern zu teilen.
Fraglos war die Aufgabe auch ein Ausdruck gestiegener Wertschätzung für Ihre Leistungen. Was bedeutet Ihnen das, und wie gehen Sie mit Ihrer zunehmenden Popularität um?
Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt, das muss meinetwegen nicht sein. Aber natürlich ist mir auch bewusst, dass mit dem Erfolg auch eine gewisse Aufmerksamkeit dazukommt, die ich schon auch so gut wie möglich genießen möchte. Aber generell bin ich ein sehr bescheidener Mensch und versuche, mein Ding durchzuziehen. Aber das eine hängt immer auch mit dem anderen zusammen, deswegen muss ich damit umgehen können. Im Verlauf meiner weiteren Karriere werde ich hoffentlich noch weitere Erfahrungen sammeln und weiter daraus lernen können.
Die Organisatoren des Frankreich-Festes haben sicherlich auch eine Verbindung zwischen Ihren Erfolgen und den Olympischen Spielen 2024 in der französischen Hauptstadt Paris hergestellt. Sehen Sie auch eine?
Ja, natürlich war das für die Sportstadt Düsseldorf die Verbindung zu Olympia in Paris, und es schien auch mir so, dass ich als ein Kandidat für Paris 2024 hervorgehoben werden sollte.
Ihr Aufstieg in die Top 10 der Weltrangliste hat sich geradezu kometenhaft vollzogen. Abgesehen von Ihrem WTT-Turniersieg in Lima sind Sie derzeit mit EM-Titeln in der Mannschaft und im Mixed sowie DM-Kronen im Einzel, Doppel und mit Borussia Düsseldorf sowie einem „halben“ Champions-League-Erfolg auch der meistdekorierte Spieler in Deutschland. Haben Sie das alles schon realisieren können?
Nein, das habe ich tatsächlich noch nicht realisieren können. Es sind zwar einige Erfolge im Moment, aber da gibt es in Deutschland noch ganz andere Legenden vor mir, die noch sehr viel mehr erreicht haben als ich bisher. Natürlich ist eine Top-10-Platzierung für mich persönlich eine große Errungenschaft, aber im Vergleich zu anderen Nationalspielern muss ich erst noch einiges mehr gewinnen. Über diesen Maßstab bin ich allerdings sehr froh, das spornt mich sehr an. So schön sich die Erfolge der vergangenen Monate auch anhören mögen – ausruhen werde ich mich darauf auf keinen Fall.
Hätten Sie sich diese Entwicklung vor einem Jahr selbst überhaupt zugetraut?
Die Ergebnisse kamen zuletzt alle in einem sehr kurzen Zeitraum, aber ich würde schon sagen, dass ich über fast das ganze letzte Jahr ziemlich konstant und auch sehr gut gespielt habe, eigentlich sogar schon seit zwei Jahren, in denen ich mich konstant weiterentwickelt habe und konstant gute Ergebnisse gebracht habe. Das hat mir viel Selbstvertrauen gebracht und dementsprechend auch die Erfolge. Aber was daraus geworden ist und dass ich die Nummer zehn der Welt geworden bin, hatte ich mir tatsächlich nicht vorstellen können.
Was ist der entscheidende Faktor für Ihre Verbesserungen der vergangenen Monate gewesen?
Es gibt da wirklich kein Geheimnis, warum ich mich jetzt in so kurzer Zeit und auch überhaupt so sehr verbessert habe. Ich denke, es war wichtig, dass ich an der Konstanz gearbeitet habe, die ist sehr hoch bei mir. Ich hatte aber auch die Möglichkeit, immer viel zu trainieren, und konnte die verschiedenen Trainings- und Wettkampfphasen gut für mich nutzen. Außerdem bin ich verletzungsfrei geblieben, was eine große Bedeutung hat.
Ihr Penholder-Stil ist schon länger Ihr Markenzeichen, hat aber inzwischen auch beim breiteren Publikum für Aufmerksamkeit gesorgt. Es kursieren mehrere Versionen der Geschichte, wie Sie dazu gekommen sind. Wie war es wirklich?
Es war so, dass ich tatsächlich mit dem Shakehand-Griff angefangen habe, konnte aber wegen des längeren Griffs keine Rückhand spielen, weil dabei immer mein Unterarm oder Handgelenk berührt wurde. Da hat mein Vater eigentlich im Spaß gesagt, probiere doch mal, Penholder zu spielen. Das hat tatsächlich richtig gut gepasst, und deswegen bin ich dann auch dabei geblieben, wobei man mit sechs, sieben Jahren ja auch noch gar nicht wissen kann, wo die Reise einmal hingehen wird, und dadurch war Penholder erst einmal einfach nur ganz lustig und cool.
Allseits wird Ihr Fleiß betont, durch den Sie sich die Erfolge verdient haben. Schalten Sie auch mal vom Tischtennis ab – und wenn ja: wie?
Ich treffe und unterhalte mich gerne mit Freunden, das macht mir immer viel Spaß. Ich schaue auch sehr gerne Serien und gehe, wenn die Zeit dazu da ist, auch gerne essen. Aber vom Tischtennis abschalten kann ich schon in dem Moment relativ gut, wenn ich die Halle verlasse. Dafür brauche ich auch keine andere Beschäftigung.
Ihre Eltern – der frühere Studenten-Weltmeister Qiu Jianxin und die frühere chinesische Nationalspielerin Chen Hong – haben Ihnen das Tischtennis-Talent sozusagen in die Wiege gelegt. Welche Rolle spielen beide für Ihre Laufbahn?
Meine Eltern sind natürlich immer noch sehr wichtig für mich. Zu meinem Vater habe ich ständig Kontakt und bin im dauernden Austausch mit ihm über Tischtennis und mein eigenes Spiel. Es gibt wohl auch keinen Trainer, der mich besser kennt als mein Vater, weil er mich damals ja auch täglich trainiert hat. Wir besprechen auch noch immer fast jedes Spiel von mir. Meine Mutter unterstützt mich mit vielen Dingen drumherum, besucht mich oft in Düsseldorf, wenn wir nicht auch täglich telefonieren, und kocht dann oft für mich, wie das ja so viele Mütter für ihre Kinder machen. Das erleichtert mir sehr viel.
In der Tischtennis Bundesliga (TTBL) sind Sie vor einem Jahr vom ASV Grünwettersbach zu Borussia Düsseldorf gewechselt. Was war die größte Umstellung für Sie?
Grünwettersbach war für mich zur damaligen Zeit genau der richtige Verein und hat mich zu einem besseren und reiferen Spieler werden lassen. In Düsseldorf war zunächst einmal anders, dass ich nicht mehr dreieinhalb Stunden zu einem Heimspiel fahren musste und nur noch fünf Minuten über die Straße gehen kann. Aber vor allem geht es bei der Borussia viel mehr um die Titel, wodurch automatisch ein gewisser Druck zu spüren ist, der aber auch gut ist, weil man selbst in der Konstellation möglichst gut spielen möchte. Anders ist auch der Zeitplan, der in drei Wettbewerben mit Terminen bis zum Schluss extrem fordernd ist und extreme Wettkampfphasen mit sich bringt, was mir aber auch weiter nach vorne geholfen hat.
Um die Düsseldorfer Erfolge ranken sich mehrere Mythen. Haben Sie schon den besonderen Borussia-Touch gefühlt?
Die Düsseldorfer Erfolge kommen alle nicht von selbst, es funktioniert schon sehr, sehr viel sehr, sehr gut bei Borussia. Wir hatten ja eine sehr erfolgreiche Saison, aber ob es am Borussia-Touch gelegen hat, kann ich nicht sagen, denn es hat jeder Spieler in der Mannschaft sehr gut gespielt. Auf jeden Fall hatten wir eine sehr gute Teamchemie und haben gut zusammengepasst.
In der kommenden TTBL-Saison ist Ihr Team als Titelverteidiger der Gejagte. Ist Düsseldorf wieder der Favorit?
Ich sehe uns schon wieder im engeren Kreis der Favoriten. Aber mit Neu-Ulm und Ochsenhausen sind in der neuen Saison zwei Bombenmannschaften dabei. Vor allem Neu-Ulm ist, wenn sie ihren ganzen Kader aufbieten, vielleicht mit Ausnahme der Chinesen sogar die beste Mannschaft der Welt. Saarbrücken wird wie Ochsenhausen noch einmal stärker sein, so dass ich von einem richtig heißen Kampf ausgehe. Das wird womöglich die spannendste und spielstärkste Saison der Bundesliga-Geschichte.